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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Juniheft
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Pazaurek, Gustav Edmund: Die Kunstsammlung von Klemperer in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0449

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keit ist bekanntiich das Eingreifen von A. F. v. Löwen-
finck, dessen Werk wieder um eine scliöne Kaffekanne
bereichert werden konnte. Ist doch Löwenfinck gerade
jener Meister, dem der Verfasser hauptsächlich und mit
größtem Erfolg nachspürt und demnächst auch eine be-
sondere Arbeit zu widmen gedenkt. Wenn Schnorr die
meisten Hafenprospekte auf C. F. Herold zurück-
zufiihren wünscht, so kann ich ihm darin nicht ganz
folgen, weil auch Heintze ohne Zweifel an diesem stark
beteiligt ist, wie icli demnächst ausführlich begründen
werde. Erfreulich ist cs, daß wieder einige Wappen
von Tassen zwsichen 1730 und 1740 neu festgeste'llt
werden, wie die der Quirini und Gradenigi. Die
italienische Heraldik maciit uns ja immer einige Schwie-
ligkeiten; und trotzdem ist es nicht belanglos, den
großen Umfang auswärtiger Bestellungen in der späte-
ren Höroldtzeit besser überschauen zu können.

Weitaus den größten Raum beansprucht aber die
Figurenplastik, weil die Sammlung nicht nur die
schönsten Kändlerfiguren, darunter herrliche Krinoline-
gruppen besitzt, sondern die anderen Meißner Plastiker
von G. Fritzsche und L. Lücke angefangen über Kirch-
ner, Eberlein und Reinicke bis zu F. E. Meyer und Acier
enthält, unter denen die erhaltenen Bestände immer
noch nicht ganz restlos aufgeteilt werden können, ob-
wohl hierin in den letzten Jahren schon recht erhebliche
Fortschritte gemacht worden sind. Was Schnorr unter
Benützung von neuen Archiv- und Modellforschungen
der Meißner Manufaktur an neuen Zuteilungen vor-
nimmt, klingt durchaus überzeugend, so z. B. wenn er
Acier von der Beteiligung an den sogenannten Pariser
Ausrufern nach C. G. Huet ausschließt. Bei der in der
Sammlung überaus reich vertretenen Tierplastik war
nicht viel Neues zu sagen.

Ich möchte mich nicht bei Kleinigkeiten aufhalten.
will aber doch zwei Einzelheiten nennen, mehr zum
Beweis dafür, daß ich diese Besprechung nicht auf
Grund eines nur flüchtigen Einblicks schreibe. Von
einer „Kaiserin von Oesterreich“ (Nr. 709) kann natür-
lich iu der Mitte des 18. Jahrhunderts nicht die Rede
sein, sondern nur von einer römisch-deutschen
Kaiserin. Und der Hofnarr Fröhlich (Nr. 609) ist nicht
nur mit den Jahreszahlen 1733 und 1737 bckannt, son-
dern auch, worauf die ueue Studie von Fritz Fichtner
in der Zeitschrift „Belvedcre“ (VIII, 2) nicht Rücksicht
nimmt, mit beliebigen anderen Jahreszahlen auf seiueu
Hosenträgern. Allerdings ist keine von den Porzellan-
figuren so alt, wie der ihnen zu Grunde liegende Kupfer-
stich von C. F. Boetius von 1729 (vergl. Diederichs,
Deutsches Leben II, Abb. 1241 oder W. von Zur Westen,
Reklamekunst S. 98); aber der Figur von 1733 im
Dresdner Schloß stehen die später staffierten Exemplare
von 1736 (Auktion Rolas du Rosey, Dresden 1863,
Nr. 2776 und C. v. Schweingel, 1904, Nr. 259), von 1737
(Sammlung Pannwitz und C. H. Fischer, Köln 1906,
Nr. 602), 1739 (Hamburgisches Museum und Dresdner
Porzellansammlung), 1740 (Helbig-Auktion, 26. Mai
1911, Nr. 6), 1741 (Sammlung Weisbach und Auktion
S. Salz, 1909, Nr. 63), 1746 (ebenfalls bei S. Salz,

Nr. 64) und 1752 Sammlung Dr. List, Magdeburg)
gegenüber; man kann gerade an diesem Bei-
spiel die Langlebigkeit populärer Typen, selbst
wenn sie künstlerisch wenlger bedeutsam sind, gut ver-
folgen. — Die Gegenüberstellung von Exemplaren der
Sammlung Klempercr mit solchen aus anderen Samm-
lungen sowie die Zurückführung der Stücke auf ältere
Auktionskataloge wäre natürlich leicht möglich ge-
wesen, liätte aber den Umfang des ohnehin nicht ganz
handlichen Buches nur noch vermehrt. Wo'llen wir mit
dem zufrieden sein, was uns liier in so reicher Weise
und in so schöner Form beschert worden ist und uns
darüber herzlich freuen.

Von erheblich geringerem Umfang ist die Sannn-
Iung der M i n i a t u r c n , die das Lieblingsgebiet der
Frau Geheimrat von Klemperer ist. Auch hier ist eine
Vollständigkeit und Ausdehnung auf alle Perioden nicht
angestrebt gewesen, vielmehr eine Konzentration auf
die besten Meister und deren Umgebung. Die Frühzeit
lst nur durch wenige Pergamentmalereien vom Jahre
1578 an vertreten, dagegen sehr ausgiebig die Dresdner
Bildnis-Miniatur, also Meister wie Reinthaler, Fiorino
und namentlich C. A. Weser, sowie der Thüringer
Heinsius. Aber auch alle Hauptmeister fehlen keines-
wegs, so z. B. B. Petitot, 'G. F. Dinglinger oder Bone,
ferner die ganzen Wiener Koryphäen Füger, Daffinger,
Acricola, Peter oder Suchy, ferner Rosalba Carriera
und verschiedene gute Engländer und Franzosen,
namentlich Augustin. Auch Schweden und Rußland
sind anständig vertreten. Für Buchheit war es keinc
leichte Aufgabe, diese Sammlung zu sichten und zu be-
stimmen, zurnal Signaturen — in diesem Falle z. B.
Isabey — nicht immer zuverläßlich sind, iu den meisten
Fällen ganz felrlen uird manclre Veränderungen und
Uebermalungen der Beurteilung und Würdigung vicl-
fach Hindernisse entgegenzusetzen pflegen. Bei der
mangelhaften Literatur dicses Gebietes — grundlegende
zusammenfassende deutsche Werke felilen noch gänz-
lich — war es nur möglich, etwa rund die Hälfte der
Werke bestimmten Meistern zuzuweisen. Auch die
Identifizierung der dargestellten Personen bietet immer
recht erhebliche Schwierigkeiten; im Allgemeinen hcrr-
schen politische Persönlichkeiten vor, während Dichter,
Musiker oder bildende Künstler kaum vorhanden sind.
Jedenfalls ist auch dieser Band als sehr gelungen zu
bezeichnen und bildet eine wesentliche Bereicnerung
unserer Spezialliteratur.

Auch hier will ich mich lediglich darauf beschrän-
ken, auf geringfügige Kleinigkeiteu hinzuweisen. Das
Großkreuz bei der bekannten Füger-Miuiatur des
Herzogs von Sachsen-Dätschen (Nr. 100) ist nicht das
des Maria-Theresien-Ordens, sondern das des
Stephansordens. Die Abbildung 120 wird man auf
Tafel 12 vergeblich suchen, da sie crst auf Tafel 15 ab-
gebildet ist. Dadurch, daß bei den Abbildungen ebenso
wie im Porzellankatalog nur die Nummern stehen, wird
die Benutzbarkeit des schönen Werkes nicht erleichtert,
da das beständige Umblättern und das doppelte Nach-
sehen in den Verzeichnissen bei dem großen Format

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