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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Juliheft
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Pazaurek, Gustav Edmund: Die Glasschneiderfamilie Sang, [1]: eine Untersuchung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0401

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mit Putten der vier Elemente sind von gefiederten
Akanthusranken und Bandelwerk mit Klarperlen und
Perlrosetten nebst Quasten reich eingefaßt. Daß der
figürliche Schnitt einen 'Fortschritt gegenüber dem des
um vier Jahre älteren bacchischen Pokals von Köln be-
deuten würde, kann man nicht gerade behaupten. Im-
merhin sind diese Arbeiten gewiß ganz achtbare Lei-
stungen einer entlegenen Werkstatt, die, wie wir ge-
sehen haben, auch die primitivsten Schliffarbeiten, wie
das Einpassen von Stöpseln und dergleichen zu besor-
gen hatte.

Der Zuteilung weiterer Arbeiten an diesen Künstler
stehen erhebliche Schwierigkeiten entgegen, weil wir
ihn vorläufig nur zwischen 1732 und 1738 in Ilmenau
verfolgen können, wo er nicht gestorben zu sein scheint,
da die Kirchenbücher seinen Tod nicht verzeichnen. In
der Slade-Kollektion des British Museums in London
befindet sich als Nr. 8995) ein charakteristisches hollän-
disches Stengelglas (Abb. 5), dessen Schnitt mit dem
Bandelwerk, dem gefiederten Akanthus und den einge-
streuten Klarperlen wie dem kleinen Merkurfigürchcn
von Friedrich Sang herrühren könnte, während
der in Amsterdam tätige Jakob Sang ganz anders
schneidet. Vielleicht werden glückliche Urkunden-
funde dieses Rätsel bald lösen.

Wenn A. F. Sang in den vierziger Jahren noch lebte
und arbeitete, dann muß ihm noch eme kleine Gruppe
unbezeichneter Gläser zugeteilt werden, die man bisher
irrtümlich mit Johann Heinrich Balthasar Sang in Ver-
bindung zu setzen pflegt. Hier ist in erster Reihe der
birnenförmige aus einer Manschette herausgewachsene
Becher der zweiten Lanna-Auktion (1911, Nr. 892)
zu erwähnen, der jetzt im Prager kunstgewerblichen
Museum steht. Eine breite Bandelwerkbordüre mit
Perlschnüren zieht sich über verschiedene allegorische
und mythologische Figürchen hin, während das Haupt-
bildchen, das Bad der Diana, von einer noch
symmetrischen Kartusche breiter Muschelkämme ein-
gefaßt wird. Grundsätzlich dieselben bereits dem Ro-
koko-Inventar angehörenden Elemente, ebenfalls noch
in symmetrischer Anordnung zieren die beiden Schau-

Abb. 4. Signatur des Flacondeckels in Dessau

5) Vergl. A. Nesbitt, Catalogue of the Collection of Glass by
Felix Slade, London 1871, Fig. 257. Den verehrten Kollegen und
Sammlern, die meine Studien durch liebenswürdige Einsendung von
Photographien und Auskünften unterstützten, danke ich hierfür
verbindlichst.

Abb. 7. Joh. Heinrich Balthasar Sang, Schrank mit verspiegelten
Glasplatten (1751 und 1752). — Braunschweig, Herzogi. Museum

seiten des reich geschliffenen Schiffchens in der Samm-
lung des Schlosses Belvedere bei Weimar, früher
im Weimarer Schloß, also im Besitze der Nachkommen
des einstigen Brotherrn des Ilmenauer Glasschleifers
und Glasschneiders (Abb. 6). Auch die Figürchen der
beiden Allegorien — Abundantia und Pax — entsprechen
durchaus dessen sonstigen Arbeiten. Vielleicht ist ihm
auch noch der Pokal mit der Verherrlichung der Kai-
serin Maria Theresia und den Zwergbildchen „Abundan-
tia“, „Bellum“ und „Pax“ der ehemaligen Sammlung
Mühsam- Berlin6) zuzuweisen.

Anders verhält es sich dagegen mit dem im Schnitt
nicht unähnlichen anderen Deckelpokal derselben
Sammlung7) mit dem Medaillonbildchen einer Dame,

e) Robert Schmidt, Die Gläser der Sammlung Mühsam, Neue

Folge, Tafel XXXII, Nr. 214 (Deckel nicht zugehörig).

7) Robert Schmidt, Die. Gläser der. Sammlung Mühsam I (1914,
Tafel XXVIII, Nr. 232).

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