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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 10.1896-1897

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Heft 24
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11731#0393

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und dann wird alle Welt seinen Sudermann als reli-
giösen Dichter bervundern wollen. Die Firma „Suder-
mann «L Brahm" bedeutet schon etwas, aber die Firma
„Sudermann, Brahm «L v. Windheim" ist schlechtweg
unwiderstehlich.

Vtto Ludwlgs „Erbförster" ist bis ;8y2 vom
Koburger Hoftheater als „zu demokratisch" ferngehalten
und dann im „Koburger Tageblatt" als ein Werk der
Neuesten mit dem Rate besprochen worden, der Autor
möge „sleißig die Technik des Dramas von Gustav Frey-
tag studieren." Man gräbt diesen Spaß jetzt aus und
sreut sich darüber. Wußten aber die Exzellenz von Köller
und ihre Geheimräte im preußischen Abgeordnetenhause
mehr von der deutschen Literatur, als sie über Freptag
und Keller sprachen? Oder finden wirs in Deutschland
bereits selbstverständlich, daß das Zeilenschreiberlein eines
Provinzialblättchens eigentlich mehr von Literatur ver-
stehen sollte, als ein preußischer Minister?

Line Tbcater-Nusstcllung soll nach dem „Börsen-
Courier" in der Stille für Berlin vorbereitet werden, eine
Theater-Ausstellung, aus deren Bühnen die Entwicklung
der Theaterkunst gezeigt werden und in chronologischer
Folge von den Tragödien des Euripides an bis zu den
modernen Dramen, Schauspielen und Possen jedes Jahr-
hundert in seiner dramatischen Produktion berücksichtigt
werden soll. Gleichzeitig aber will man auch dcm inter-
nationalen modernen Theater dadurch gerecht werden,
daß die bedeutendsten englischen, französiichcn, italienischen,
spanischen und russischen Gesellschaften gastieren und uns
mit ihrenr künstlerischen Wesen bekannt machen. Auch die
deutsche Schmiere soll übrigens da ihre Repräsentanten
finden. Dazu bemerkt die Naumannsche „Zeit": „Wir be-
zweifeln vorläusig, daß bei dem geplantcn Unternehnren
etwas Gescheites herauskommen wird. Das große
Kapital, das hineingesteckt wird, muß gut verzinst werden,
sonst legen die Finanzleute es eben in Stiefelwichse oder
etwas anderem an. Aeußerlichkeiten, die das große Publi-
kum am meisten interessieren, werden daher am meisten
gepslegt werden müssen. Aber selbst wenn ein ästhetisch
diskutierbares Resultat herausspringen sollte, würde die
Ausstellung ein Zeichen künstlerischen Nied erganges
sein. Die kolossalen Massenwirkungen, die in ihr bis zur
Peinlichkeit gehäuft werden sollen, predigen laut, daß
unserer modernen szenischen Kunst die Krast der nationalen
Verinnerlichung fehlt."

Um 'jkünstler-ipestkarteii nus dcm Ikönigreicl)
Sncbsen hat das dortige Ministerium des Jnnern ein
Preisansschreib en erlassen, weil sie „eine günstige
Gelegenheit sür Anwendung volkstümlicher Kunst, sowie
zur Pslege der Liebe zum Heimatlande darbieten." Vor-
trefflich I Welches Ministerium folgt dem sächsischen nach?
Mit Unterstützung eines Ministeriums sind ja aller-

dings auch die Karlsruher Karten gemacht worden, die
wir kürzlich empfohlen haben.

Wlilbelm Tuppert, Musikreferent des „Kleinen
Journals", bleibt, wie wir unsern Lesern zur Beruhigung
milteilen, diesem trefflichen Blatte und der Berliner Oeffent-
lichkeit in alter bewührter Thätigkeit erhalten. Sein Kol-
lege W. Lackowitz ist indessen aus dem Verein „Berliner
Presse" ausgetreten, weil dieser im Begriff stand, ihn arg
zu verkennen.

Line unmorulisebe Htrasse wollten die Charlotten-
burger haben, denn sie wollten sie Friederiken-Straße
nennen. Dieses wurde ihnen nümlich von der hohen Be-
hörde verboten, weil die Beziehungen zwischen Goethe
und Friederike ja unmoralische gewesen seien. Nun heißt
die Straße „Sesenheimer Straße." Und so ist dafür ge-
sorgt, daß die betreffende hohe Behörde von jedem aus-
gelacht wird, der fragt, warum sie so heißt.

Oucb altcn Nillubrzeicbeu Umschau zu halten, bittet
die Redaktion der „Jllustrierten Frauen-Zeitung" in Ber-
lin, die Abbildungen von solchen und Mitteilungen über
Sagen sammeln möchte, die mit den Wahrzeichen ver-
bunden sind. Bei der Bedeutsamkeit, die der Gegenstand
sür die Pflege des Heimatsinns und damit auch einer
wichtigen Quelle des Kunstsinnes immerhin hat, geben
wir die Aufforderung gern auch an unsere Leser weiter.

'lllnser Diinveis aut die Dutzenddenkmüler zieht
weitere Kreise; unser Artikel ist durch eine große Anzahl
von Blüttern gegangen und hat neue Erörterungen her-
vorgerufcn. So sagt die Frankfurter Zeitung von den
Denkmals-Fabriken: „Durch gut orientierte Ver-
treter und Rcifende in allen Teilen des Reichs be-
kommen solche Fabriken sehr srüh Kenntnis von den Denk-
malsprojekten der einzelnen Orte, und lange bevor der
Künstler davon erfährt, haben sie schon ihre Preis-
Kourants nebst sehr verlockend erscheinenden photogra-
phischen Abbildungen, auch wohl plastischen Skizzen ge-
sandt. Bewerben sich nachträglich Bildhauer um die
Uebertragung der Herstellung eines solchen Monuments,
so werden sie entweder sofort abschlägig beschieden, weil
dasselbe schon einer Fabrik in Austrag gegeben ist, oder
es übersteigt, wie leicht erklärlich, die Forderung des
Künstlers für ein folches Denkmal wüt neu herzuftellendem
Modell bei weitem den Preis der Fabrik, die ihr Modell
eben ein sür alle Mal besitzt; und deshalb ist auch in
diesem Falle eine Berücksichtigung des Künstlers fo gut
wie ausgeschlossen." — Reisende in Kaiser-Denkmälern
wären schöne Operetten-Figuren. Was in jedem einzelnen
Falle Ausdruck der Liebe und Dankbarkeit einer Gemein-
schaft sein soll, es wird bemustert und beordert. Man
darf in der That den Widerspruch gegen solch Treiben
glauben wir, nicht einschlafen lassen.

ÄnSiült:

Der Ikunstwart rvird ervveiterl. — Ven Outur-'Mngnerlunern. — Ikundscduu. — Dielitung.

Schöne Literatur. Sein Recht. Von Karl v. Perfall. Auf der Schwelle. Von Walter Leistikow. Wie
Maler Vincenz romanisch lernte. Von Robert Kohlrausch. Das Antlitz der Medusa. Von O. Gayer. Die See-
braut. Von Johannes Wilda. — Schriften über Literatur. Geschichte der dcutschen Literatur. Von Otto v. Leixner.
Ueber ästhetische Kritik bei Dichtungen. — /IKusiK- Ueber Entwicklung, Fortschritt und Verfall in der Musikgeschichte.
Zöildende Di'MSte. Berichte über bildende Kunst. Münchener Bericht. Jnternationale Kunstausstellung III. Dresdener
Bericht. Jnternationale Kunstausstellung V. - Uermiscbtes. Die Kopflosen. Lireratur. Webers illustrierte Kate-
chismen — Sprecbsuul. Jn Sachen des Hervorruss der Schauspieler. Von Eugen Kalkschmidt. — Lese ÄZlüttcr.
Allerlei zum Rückblick. Die Sammlung für Liliencron. — Sudermann hat Glück. — Otto Ludwigs Erbförfter. —
Eine Theater-Ausstellung. — Künstler-Postkarten aus dem Königreich Sachsen. — Wilhelm Tappert. — Eine unmo-
ralische Straße. — Nach alten Wahrzeichen. — Unser Hinweis aus Dutzenddenkmüler.
 
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