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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,2.1899

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Heft 17 (1. Juniheft 1899)
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Bischoff, Arnold: "Ein Heldenleben" von Richard Strauss, [2]
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S., S.: Justis "Velazquez" als Kompendium praktischer Aesthetik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7958#0158

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Lämmerung gewöhnt hat, in denen ja auch manchmal der eine in dieser, der
andere in jener Tonart spielt. Bedenkt man, was wir bereits alles auf dem
Gebiete des musikalischen Hörens gelernt haben, so braucht man vor den
Aufgaben, die Strautz uns stellt, und die nicht den zehnten Teil so schwierig
sind, wie jene, mit denen Wagner uns überraschte, nicht zurückzuschrecken; wir
werden sie schon im Laufe der Zeit lösen lernen. Einfach die Flinte ins Korn
zu werfen und zu erklären: „das kann ich nicht, das geht über mein Fassungsver-
mögen", wäre eine Feigheit und ein te8tiinc>nwin paupertatl^, deren sich ein
musikalisches Geschlecht, dessen grotzer Lehrmeister ein Richard Wagner war,
uimmer schuldig machen darf. Arnold Bischoff.

Zustts „Velazqnez"

als Aompendium pvaktischer Zlesthetrk."

Die guten Bücher sterben nicht aus. Der modernen von Zeitungslektüre
überfütterten Menschheit ist der Gedanke fast frcmd geworden, datz zu den
reinsten Genüssen derjenige gehört, der durch die Lektüre eines frisch aus der
Fülle einer fein durchgebildeten Persönlichkeit gcschöpften Buches bereitet wird;
der Gedanke, dah diescs Zwiegespräch mit einem Autor, der uns greifbar als
Mensch mit seiner Bewunderung und seiner Verachtung, nicht blos als Denk-
maschine oder objektiv den Dingen gegenüberstehender Taschcnspieler entgegen-
tritt, uns selbst bis in die Tiefen unseres Wesens hinein aufregt und in unS
die freudige Gewitzheit weckt: auch wir haben unsere Selbständigkeit und
Freiheit, unsere Ansichten und Meinungen, die uns das Lcben lebenswert
machen. Da verschafft uns ein Buch wie Justis „Velazquez" die tröstliche
Gewitzheit, dah es doch zu unscrer Zcit noch Jdealisten gibt, die ihrem inneren
Drange folgend, sich^nicht im geringsten um die Bedürfnisse des großen Publi-
kums kümmern — zu welchcm im einzelnen Fall ja auch niemand gchören
will; Jdealisten, die schreibcn, als hätten sie sich nicht blotz mit der Gegenwart,
fondern eben so wohl auch mit der Vergangenheit wie mit der Zukunft aus-
einander zu setzen. Solche Bücher, für keine bestimmteZeit geschriebcn
stnd allein die guten, denn fie allein find Kunstwerke im echten Sinne des Worts.
Sie haben einen persönlichen Jnhalt mitzuteilen, Fragen zu erörtern, die sür
den Verfasser Lebensfragen sind; sie bieten ein Positives und lassen es wirken,
unbekümmert um die Aufnahme, die eS zur Zeit des Erscheinens findet. Solche
Bücher, mögen sie nun in dem abgeschliffensten, scheinbar unpersönlichsten Stil
oder, wie das vorliegendc, im Gegcnteil in dem scheinbar abgerissensten, be-

* Carl Justi: Diego Velazquez und sein Jahrhundcrt. Bonn, Max
Cohcn L Sohn. 2 Bände. gr. 8. Das Velazquez-Jubiläum, das in dicsen
Tagen mit Spanien üie ganze gebildete Wclt begeht, gibt uns den Mut, mit
dem Folgenden eine Arbeit noch einmal abzudrucken, die bereits vor zehn
Jahren im Kunstwart erschienen ist. Vor zehn Jahren — wer las damals
unser Blatt? Wir glauben nicht, datz auf fünfzehn bis zwanzig seincr hcutigen
Leser ein einziger kommt, der schon seincn zweiten Jahrgang verfolgt hat, die
alten treuen Freunde aber werden es uns verzeihen, wenn wir zu seltener
Gelegenheit, ausnahmsweise, Arbeiten von programmatischer Bedeutung den
neuen Freunden zeigen, die von den älteren wohl vergessen sind. Zudem
wützten wir wirklich nicht, wie wir mit der Feder ticfer in das Wesen auch
des Velazquez und seiner Kunst hineindeuten könnten, als so.

Aunstwart
 
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