DOI Heft:
Heft 24 (2. Septemberheft 1899)
DOI Artikel:Pazaurek, Gustav E.: Musterstücke in Kunstgewerbe-Museen
DOI Artikel:Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7958#0417
Extrakabinet, in welchem dem ästhetischen Dickhäuter die — negativen
Musterstücke, die abschreckenden Beispiele in übersichtlichen Gruppen
mit den entsprechenden Erläuterungsaufschriften vorgeführt rvürdcn. Sowohl
aus früheren Zeiten, wie auch namentlich aus der Gegenwart und jüngeren
Bergangenheit wären da die himmelschreiendsten Sünden zusammenzustellen,
deren es wahrlich nicht wenige gibt. Jn einem Schaukasten könnten allc un-
möglichen und doch ausgeführten vernunftwidrigen Formen beisammen sein, an
einer anderen Wand die häßlichen und abstoßenden Farbenzusammenstellungen;
hier wären schlechte Ornamentskompositionen oder deren Anbringung an der
unpassendsten Stelle zu sehen, dort surchtbare Ataterialwidrigkeiten und scheußliche
Surrogate u. dgl. — Mit verhältnismäßig sehr mäßigen Kostcn ließe sich dieses
Marterzimmer zusammenbringen und stetig erneuern, das mit seiner starken
.Pferdekur" manche heilsamen Folgen zeitigen müßte. Schon aus Furcht, —
im Wiederholungsfalle etwa mit dem vollen Namcn — an denselben Pranger
zu kommen, würden unsere Produzenten manche der sonst alltäglichen Ge-
schmacklosigkeiten meiden, und auch die Konsumenten würden an handgreiflichcn
Beispielen sehen, wovor sie sich zu hüten haben. Jm entsprechenden Gegensatze
würden dann auch die wahren Musterstücke der Sammlungen besser gewürdigt
und verstanden. Hoffentlich entschließt sich bald irgend eine größere Anstalt
zu einer ausgiebigen Verwirklichung dieser Abschreckungstheorie.*
Gustav L. Pazaurek.
Lose Klätter.
An -ie grotzen Toten.
Ihr großen Toten, also opfr' ich euch
In dieser lNorgenfrühe frischem Glanz:
Ich winde ernst um eure Schläfen bleich
Feuriger Rosen rotlebendgen Aranz.
Und eure Mäntel leg ich euch zurecht
Und eure Schwerter, und ich bete dann,
Und bete, wie aus sinkendem Geschlecht
Die letzte Angst verzweifelnd beten kann.
" Die Einrichtung von kunstgewerblichen „Schreckenskammern", von Samm-
lungen abschreckender Stücke wurde schon vor Jahren in dem damaligen Bei-
blatte des Kunstwarts, dem „Kunstgewcrbe", von vr. Paul Schumann empfohlen.
Wie wir nachträglich hörtcn, ist aber solche Schreckcnskammer bercits vorher
einmal in London thatsächlich eingerichtet gewesen. Sie soll den gewünschten
Zweck nicht erreicht haben: das Publikum habe über den Schund gelacht und
gerade die als Abschreckungsmittel ausgestellten Gegenstände mit Vorliebe ge-
kauft. Man würde daraus ersehen, das man bei der Anlage einer solchen
Schreckenskammer mit großer Vorsicht vorzugehen hätte. Daß man dann
Gutes im Sinne dieseS Aufsatzes damit erreichen könnte, bezweifeln wir
durchaus nicht, weil oor Jahren ein vielleicht mangelhafter Versuch miß-
glückt ist. Wir sreuen uns vielmchr, daß mit Herrn vr. Pazaurek gerade ein
Museumsdirektor die Sache aufnimmt. U.-L.
2. Septemberheft ;8g>)
Musterstücke, die abschreckenden Beispiele in übersichtlichen Gruppen
mit den entsprechenden Erläuterungsaufschriften vorgeführt rvürdcn. Sowohl
aus früheren Zeiten, wie auch namentlich aus der Gegenwart und jüngeren
Bergangenheit wären da die himmelschreiendsten Sünden zusammenzustellen,
deren es wahrlich nicht wenige gibt. Jn einem Schaukasten könnten allc un-
möglichen und doch ausgeführten vernunftwidrigen Formen beisammen sein, an
einer anderen Wand die häßlichen und abstoßenden Farbenzusammenstellungen;
hier wären schlechte Ornamentskompositionen oder deren Anbringung an der
unpassendsten Stelle zu sehen, dort surchtbare Ataterialwidrigkeiten und scheußliche
Surrogate u. dgl. — Mit verhältnismäßig sehr mäßigen Kostcn ließe sich dieses
Marterzimmer zusammenbringen und stetig erneuern, das mit seiner starken
.Pferdekur" manche heilsamen Folgen zeitigen müßte. Schon aus Furcht, —
im Wiederholungsfalle etwa mit dem vollen Namcn — an denselben Pranger
zu kommen, würden unsere Produzenten manche der sonst alltäglichen Ge-
schmacklosigkeiten meiden, und auch die Konsumenten würden an handgreiflichcn
Beispielen sehen, wovor sie sich zu hüten haben. Jm entsprechenden Gegensatze
würden dann auch die wahren Musterstücke der Sammlungen besser gewürdigt
und verstanden. Hoffentlich entschließt sich bald irgend eine größere Anstalt
zu einer ausgiebigen Verwirklichung dieser Abschreckungstheorie.*
Gustav L. Pazaurek.
Lose Klätter.
An -ie grotzen Toten.
Ihr großen Toten, also opfr' ich euch
In dieser lNorgenfrühe frischem Glanz:
Ich winde ernst um eure Schläfen bleich
Feuriger Rosen rotlebendgen Aranz.
Und eure Mäntel leg ich euch zurecht
Und eure Schwerter, und ich bete dann,
Und bete, wie aus sinkendem Geschlecht
Die letzte Angst verzweifelnd beten kann.
" Die Einrichtung von kunstgewerblichen „Schreckenskammern", von Samm-
lungen abschreckender Stücke wurde schon vor Jahren in dem damaligen Bei-
blatte des Kunstwarts, dem „Kunstgewcrbe", von vr. Paul Schumann empfohlen.
Wie wir nachträglich hörtcn, ist aber solche Schreckcnskammer bercits vorher
einmal in London thatsächlich eingerichtet gewesen. Sie soll den gewünschten
Zweck nicht erreicht haben: das Publikum habe über den Schund gelacht und
gerade die als Abschreckungsmittel ausgestellten Gegenstände mit Vorliebe ge-
kauft. Man würde daraus ersehen, das man bei der Anlage einer solchen
Schreckenskammer mit großer Vorsicht vorzugehen hätte. Daß man dann
Gutes im Sinne dieseS Aufsatzes damit erreichen könnte, bezweifeln wir
durchaus nicht, weil oor Jahren ein vielleicht mangelhafter Versuch miß-
glückt ist. Wir sreuen uns vielmchr, daß mit Herrn vr. Pazaurek gerade ein
Museumsdirektor die Sache aufnimmt. U.-L.
2. Septemberheft ;8g>)