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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1899)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0091

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Schätzen. Wir wissen nicht, ob anch
der im April verstorbene vr. Martin
Schubart diesen Ehrgeiz besessen hat,
Thatsache ist jcdoch, daß er selbst schon
beschlossen hatte, seine Samrnlung zu
veräutzern und daß er mit der Heraus-
gabe des Katalogs beschäftigt war.
Dieser liegt jetzt vor, in seiner grotzen
Ausgabe für die alten Gemälde ein
Prachtwerk, wie es nur die reichsten
Sammler sich gönnen können. Ein
kleinerer zweiter Katalog verzeichnet
die Stücke aus angewandten Künsten.
Ueber die Sammlung selbst haben wir
schon früher gesprochen, als Hofstede
de Groots Werk darüber erschien.

Vernrischtes.

* Gründeutschland.

Grün war dieses Jahr der reisende
Deutschel Männlein und Weiblein,
Röcke und Hüte, Mäntel und Hand-
schuhe — alles war grün. Nicht bedarf
es da der deutschen Barttracht, nicht
des stolzen Schrittes, noch der kritischen
Miene: dasAusland erkennt uns. Doch

sragt es sich, worauf die Farbe der
Jugend und Hoffnung deute? Und
siehe, sie deutet auf einen „unentweg-
ten" Nachahmungstrieb. Daß grüne
Stoffe unter Umständen hübsch und
datz sie unter Umstünden praktisch sind,
wutzten viele wirklich schon lange,
aber trotzdem trug man sie nicht, man
trägt sie, seit die Englünder sagten:
so ist es, und sie ihrerseits trugen.
Und nun macht Deulschland aus der
Kunde Albions dankbar ein ehernes
Gesetz, nun ist Grün das Schönste,
nun läuft bei uns alles grün, und
da wir's nun viel mehr thun, als die
Engländer, so erkennt man uns im Aus-
lande daran, datz wir grün sind. Wie
wenige, die das Verlangen trügen,
eigne Farbe zu zeigen, sie selbst zu
sein! Es ist spatzhaft, aber es ist auch
ernst. Denn es ist eine Kleinigkeit,
aber es ist Symbol und Symptom.
Jn der Entwicklung von Persönlich-
keit sahen wir Deutschen früher unsern
Stolz, jetzt suchen wir ihn mehr und
mehr imStreben nach nationaler Einer-
I leiheit. P.

Ansre Ooten nnd Dttder.

Unsere Notenbeilage illustriert den in diesem Heft enthaltenen Auf-
satz über Hans Pfitzners Musikdrama „Der arme Heinrich" mit Proben aus
dem in Kommission bei B. Firnberg in Frankfurt erschienenen Klavierauszuge.
Der Anfang des Vorspiels, das mit dem Motiv des kranken Ritters anhebt,
versetzt uns gleich in die neue, fremdartige harmonische Welt; der Dietrichs
Ankunft begleitende Satz soll Psitzners Kraft, die Episode von Jtalien seinen
Klangzauber, die Bitte der Mutter seine Melodie, der Gesang der Agnes die
Schlichtheit seines Ausdrucks zeigen, soweit das ohne das zur Charakteristik
wesentliche Orchesterkolorit möglich ist. Gern hätten wir noch von den eigen-
tümlichen, surchtbaren Tönen, die Pfitzner für die Asketen von Salerno fand,
ein Beispiel gegeben, aber die Stellen verlieren viel zu sehr ^ n Klavier.
Findige Leser werden die thematische Uebereinstimmung zwischen den beiden
letzten Stücken der Musikbeilage sogleich erkennen und das Vermögen Pfitzners,
einem Motiv die Ausdruckskraft nach verschiedenen Seiten abzugewinnen, ange-
regt verfolgen.

Von unsern Bildern zeigt das erste jene „Ophelia" Herterichs, die
auf der diesjährigen Dresdner Ausstellung die tiefe Bewunderung der Kunst-
sreunde erregte, ein Werk in der That, über das mit rein malerischen Mitteln
ein wundersamer poetischer Zauber gebreitet ist. Jm ersten Augenblick mag
manchen Beschauer die Komposition als solche überraschen und befremden, sie

2. Gktoberheft
 
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