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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 10 (2. Februarheft 1900)
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Batka, Richard: Hans Sommers Lieder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0392

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Eine reichc Ausbeute gewähren hingegen die E i ch e n d o r f f l i e d e r 09.9:
„Der Bote" — eine Kleinigkeit volkstümlicher, und es wär ein Juwel. „Seliges
Vergessen" — ganz entzückend, „Nachtzauber" — überaus fchön, trotz Tristan,
„Der Einsame II" — in der Grundstimmung prächtig getroffen. Jn den Liedern
„A u s dem S ü d e n" (op. ;o) vermißt man die sinnliche, „das Gesühl sicher
bestimmende" Melodik. So unterlag denn Sommer mit dem „Venetianischen
Gondellied" gegen Schumann cbenso wie zuvor schon mit dem „Waldesgespräch"
(op. 7). Das „Wiegenliedchen" frcilich ist allerliebst und „Die Musikantin" sehr
schön, echtes Gold. Aus Werners Liedern aus Welschland (09. t 2)
spricht gleich das zweite („Sommernacht"), das Alex. Ritter geschrieben haben
könnte, in seiner edeln Haltung an; „Der Brigant" und „Ponte Molle" sind
männlich empfunden; „Monte Testaccio": sehr schön und bedeutend; höchst
graziös, ein Seitenstück zu Schumanns Hidalgo ist der „Carneval". Den Schlutz
macht das hinreitzende „Erwachen". Zwei der wertvollsten Sachen Sommers
enthält 09. das meisterliche „Unterm Machandelbaum" und das reizend
hingesungene „Ganz leise". Seltsam, datz dic Lieder Gottfried Kellers
(09. ^s) die Muse unseres Tondichters nicht zu Höherem anregten, als zu der
etwas zerrissenen, aber schvnen „Begegnung". Auch „Das Köhlerweib" und
„Du milchjunger Knabe" verdienen genannt zu werden; der Rest aber dünkt
mich bedeutungslos. Von den Liedern 09. ,8 gebührt dem wirklich hervor-
ragenden, kostbar gearbeiteten „Troubadour" der Preis; „Jung Anna" ist srisch
und warm empfunden; „Mönches Nachtlied" stimmungsvoll und schön. Die
Lieder eines sahrendenGesellen haben in dem dritten, vorzüg-
lich gemachten „Herr Schmied" einen Volltreffer, und ein wahrer Eulenspiegel-
Humor spricht aus dem „A r m e n T a u g e n i ch t s" (09. 27). Auch „Di e
junge K ö n i g i n" (09. 25) ist gelungen. Die letzten Lieder, die Sommer
veröffentlichte, bilden den Zyklus „Letztes Blühen" (09. zo). Das erste schreckt
mit scheutzlichen Quintenfolgen zurück; beim zweiten sühlt man sich schon an-
gezogen; vortrefflich ist das dritte und vierte und das sünste, im guten Sinne
moderne, wahrt dem Schlutz eine ansehnliche Höhe.

Mithin lätzt sich aus Sommers gesamtem Liederschatze etwa ein
halbes Hundert Lieder ausscheiden, die zu den Zierden der neueren
Tonlyrik gehören- Oeffentlich gesungen wird aber bis jetzt kaum ein
Dutzend. Und das, obwohl Sommer sehr wirksam sür den Konzertvortrag
zu schreiben weiß und bei der Komposition mancher Gedichte an ganz be-
stimmte Gesangsgrötzen gedacht zu haben scheint. Ja man könnte, wenn's
weniger auf die Bedeutung als aus die Gesälligkeit ankommt, noch eine weitece
Reihe sehr ansprechender Lieder sür den Konzertsaal finden: in 09. z „Der
Zaunpsahl", in 09. q, „Sommerspiel" und „Drei Jungfräulein", „Am Wald-
teich", „Istucl vlvum^, 09. 9 „Der Soldat", 09. i;8 „O weine nicht", „Wandcrn
am Rhein", „Und küm zu mir das schönste Weib", 09. 23 „Es sliegt manch
Vöglein" u. a.

Eine knappe Charakteristik Sommers ist nicht leicht. Sie müßte die
eigentümliche Mischung von lebhaftemEmpsinden und scharfer Verstandesmätzig-
keit in seinen stärksten Würfen kennzeichnen und zeigen, wie in den schwächeren
je eines dieser Elemente die Oberhand behauptet und das künstlerische Niveau
herabdrückt. Dann ergeben sich seltsame Gegensätze. Auf der einen Seite Lieder,
die auch Heinrich Hofmann (09. q. Nr. und 09. 9 Nr. 5) oder Bohm (09. 2
Nr. tt und 09. 10 Nr. 5), ja Meyer-Helmund (09. q. Nr. qh und Wilhelm
Heiser (09. 3 Nr. ;o) geschrieben haben könnten, auf der andern Seite aber
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