ihn wünschen. Deshalb wärs Thorheit, wenn die gescheiten Leute sie
jetzt verlassen wollten. Wenig darf uns fröhlicher stimmen, als der
Vorwurf, als der jetzt oft erhobene Vorwurf: „der" Goethebund ent-
hielte „die heterogensten Elemente". Freilich thut er das: Und wir
seheu nicht nur hierin kein Unglück, sondern wir sahen es nicht einmal
darin, daß zu Zeiten zwei einzelne Goethebunde scharf aneinander ge-
rieten. Wollen wir gemütliche Vereinskränzchen oder wollen wir jenes
Streben, dessen Mutter der Streit ist?
Fassen wir mit ein paar Worten zusammen: die deutschen Goethe-
bunde sind vorläufig ganz gewiß noch nichts Jmpysantes. Deshalb,
weil der Berliner nicht gehalten hat, was er mit etwas zu lautem
Schalle versprach, und weil auch die meisten übrigen ihre Winterarbeit
erst vorbereiten und noch nicht zeigen, deshalb aber diese Vereine nun
den Vereinsmeiern zu überlassen, das hielten ivir doch für übel gethan.
Möglich, daß auch der Goethebund zur Erkenntnis und energischen
Förderung unserer großen Geisteskultur-Aufgaben nicht durchdringt-
Aber so reich an öffentlichen Bewegungen der Jntelligenz sind wir in
Deutschland nicht, daß wir nicht versuchen sollten, ein munteres Wasser
wie dieses auf nützliche Mühlen zu leiten. A.
Ikomane und Lrzäblungen.
Der historische Roman, der in den letzten Jahrzehnten das Stiefkind der
deutschen Belletristik war, gewinnt neuerdings wieder an Boden. Es ist das
ganz leicht zu erklären: die spezifisch-moderne Romanliteratur war zu sehr auf
das Problem gestellt und bediente stch allzu einseitig des „psychologischen^
Einzelwerks, als daß die Sehnsucht nach reicherem Geschehen und anschaulicherem
Material im Roman, nach Spannung und Farbe nicht wieder hätte hervor-
brechen sollen. Und dieser Sehnsucht kommt der historische Roman, der bis zu
einem bestimmten Grade immer „Abenteuerroman"' bleiben muß, zwanglos
entgegen. Selbstoerständlich hat auch er von der modernen Entwicklung Nutzen
gezogen, man vergleiche einmal Oskar Mysings meist zuerst in Jankes
Romanbibliothek veröffentlichte Napoleon-Romane mit Werken, die vor i88v
liegeN, und man wird sich gestehen müssen, daß die neueren Produkte ungleich
feiner, charakteristischer, stimmungsvoller, alles in allem interessanter sind als
der ältere Durchschnitt. Walter Scott und Willibald Alexis bleiben, was sie
sind, ihnen gegenüber ist Oskar Mysing ein Dekädent, der, wenn er auch nicht
direkt auf sensationelle Wirkungen ausgeht, doch sie nirgends verschmäht. Aber
nicht nur Louise Mühlbach, sondern auch höher stehende historische Roman-
schreiber übertrifft. er zweifellos weit an Gröhe der historischen Auffassung (die
freilich oft mehr blendend als wahr ist) und an Darstellungsvermögen: Wir
schauen bei ihm, er raisonniert nicht bloß. Ueber die Ebene des Jnteressanten
erhebt er sich freilich nicht; wer tiefer blickt, erkennt doch, daß das Grundwesen
dieser Romane von denen Alexander Dumas' des Vaters nicht abweicht; nur
die Technik ist neu geworden. Dies alles gilt auch von dem neuesten Werke
Mysings, „Schwertadel" (Berlin, Janke), der die Schlacht bei Aspern als
Mittelpunkt hat. — Sehr viel tiefer als Mysings Roman steht „der Unbezwing-
liche", historisches Genrebild von Ludwig Würzburg (ders. Verlag), das
Genrebild, das die Schicksale des berühmten Diamanten „der Regent" behandelt,
füllt drei Bände und ist durchaus Jntriguenroman alten Stils, an die schlechteren
Aunstwart
jetzt verlassen wollten. Wenig darf uns fröhlicher stimmen, als der
Vorwurf, als der jetzt oft erhobene Vorwurf: „der" Goethebund ent-
hielte „die heterogensten Elemente". Freilich thut er das: Und wir
seheu nicht nur hierin kein Unglück, sondern wir sahen es nicht einmal
darin, daß zu Zeiten zwei einzelne Goethebunde scharf aneinander ge-
rieten. Wollen wir gemütliche Vereinskränzchen oder wollen wir jenes
Streben, dessen Mutter der Streit ist?
Fassen wir mit ein paar Worten zusammen: die deutschen Goethe-
bunde sind vorläufig ganz gewiß noch nichts Jmpysantes. Deshalb,
weil der Berliner nicht gehalten hat, was er mit etwas zu lautem
Schalle versprach, und weil auch die meisten übrigen ihre Winterarbeit
erst vorbereiten und noch nicht zeigen, deshalb aber diese Vereine nun
den Vereinsmeiern zu überlassen, das hielten ivir doch für übel gethan.
Möglich, daß auch der Goethebund zur Erkenntnis und energischen
Förderung unserer großen Geisteskultur-Aufgaben nicht durchdringt-
Aber so reich an öffentlichen Bewegungen der Jntelligenz sind wir in
Deutschland nicht, daß wir nicht versuchen sollten, ein munteres Wasser
wie dieses auf nützliche Mühlen zu leiten. A.
Ikomane und Lrzäblungen.
Der historische Roman, der in den letzten Jahrzehnten das Stiefkind der
deutschen Belletristik war, gewinnt neuerdings wieder an Boden. Es ist das
ganz leicht zu erklären: die spezifisch-moderne Romanliteratur war zu sehr auf
das Problem gestellt und bediente stch allzu einseitig des „psychologischen^
Einzelwerks, als daß die Sehnsucht nach reicherem Geschehen und anschaulicherem
Material im Roman, nach Spannung und Farbe nicht wieder hätte hervor-
brechen sollen. Und dieser Sehnsucht kommt der historische Roman, der bis zu
einem bestimmten Grade immer „Abenteuerroman"' bleiben muß, zwanglos
entgegen. Selbstoerständlich hat auch er von der modernen Entwicklung Nutzen
gezogen, man vergleiche einmal Oskar Mysings meist zuerst in Jankes
Romanbibliothek veröffentlichte Napoleon-Romane mit Werken, die vor i88v
liegeN, und man wird sich gestehen müssen, daß die neueren Produkte ungleich
feiner, charakteristischer, stimmungsvoller, alles in allem interessanter sind als
der ältere Durchschnitt. Walter Scott und Willibald Alexis bleiben, was sie
sind, ihnen gegenüber ist Oskar Mysing ein Dekädent, der, wenn er auch nicht
direkt auf sensationelle Wirkungen ausgeht, doch sie nirgends verschmäht. Aber
nicht nur Louise Mühlbach, sondern auch höher stehende historische Roman-
schreiber übertrifft. er zweifellos weit an Gröhe der historischen Auffassung (die
freilich oft mehr blendend als wahr ist) und an Darstellungsvermögen: Wir
schauen bei ihm, er raisonniert nicht bloß. Ueber die Ebene des Jnteressanten
erhebt er sich freilich nicht; wer tiefer blickt, erkennt doch, daß das Grundwesen
dieser Romane von denen Alexander Dumas' des Vaters nicht abweicht; nur
die Technik ist neu geworden. Dies alles gilt auch von dem neuesten Werke
Mysings, „Schwertadel" (Berlin, Janke), der die Schlacht bei Aspern als
Mittelpunkt hat. — Sehr viel tiefer als Mysings Roman steht „der Unbezwing-
liche", historisches Genrebild von Ludwig Würzburg (ders. Verlag), das
Genrebild, das die Schicksale des berühmten Diamanten „der Regent" behandelt,
füllt drei Bände und ist durchaus Jntriguenroman alten Stils, an die schlechteren
Aunstwart