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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 4 (2. Nevemberheft 1900)
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Avenarius, Ferdinand: Meisterbilder fürs deutsche Haus: herausgegeben vom Kunstwart
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Bartels, Adolf: Aufgaben der Heimatkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0149

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Gleichzeitig mit den ersten „Meisterbildern" geben wir ein Büchlein
heraus, als praktische Beisteuer des Kunstwarts zur Kunst für die Jugend:
Otto Speckters „G estiefelter Kater" wird bei Callwey in einer
neuen Ausgabe erscheinen. Jm Handel sind diese köstlichen Radierungcn
längst vergriffen. Sie waren immer teuer, wir reproduzieren sie in
Autotppie, aber gleich den Meisterbildern in wirklichem Kunstdruck. Zum
Fest werden sie für ein ganz billiges, vielleicht für 75 Pf. oder s Mk.,
als ein erquickliches Hausbüchlein für Jung und Alt vorliegen.

Somit ist ein neuer Weg beschritten. Führ' er zu weiterem und
zu vielem Guten! A.

Nukgaben der DctMAtkunst.

Es ist in der letzten Zeit wieder viel über die Heimatkunst herum-
gestritten worden, natürlich über ihre „Prinzipien"; denn dah sich ein Kritiker
hinsetzte und, ehe er redete, einmal die der gelobten odcr getadelten Richtung
angehörigen Werke systematisch läse, kommt ja bei uns nicht vor. Jch habe
schon öfter betont, daß die Heimatkunst, wohl verstanden, die neuere, die sich
uon der älteren, der Dorfgeschichtenliteratur wesentlich unterscheidet, früher
da war als ihr Name, und gerade das gibt ihr meines Erachtens einen Vor-
zug vor den übrigen modernen Richtungen, die alle zuerst mit Programmen
kamen. Hier will ich nun einige Fingerzeige geben, wie ich mir die Weiter-
entwicklung der Heimatkunst denke, die ja nichts weniger als eine herr-
schcnde Richtung sein, die nur zur Gesundung der Literatur und Bereitung
des Bodens für die große nationale Kunst ihr Teil beitragen will. Und
zwar möchte ich dabci ganz praktisch verfahrcn und einfach zu bestimmcn
suchen, was die Heimatkunst kann.

Sie kann zunächst unsere Lyrik bereichern. Wer diese genauer kennt,
wciß, daß die deutsche (Einzel-) Landschaft in ihr noch keineswegs hinreichend
zur Erscheinung gekommen ist. Zwar, man merkt bei Mörike das Schwäbische
und im ganzen Klaus Groth die dithmarsische Natur, aber ganz konkret das
Heimatliche geben sie doch noch nicht, sie erheben das Heimatliche zum Typischen.
Eher findet man in cinzelnen Gedichten Storms („die graue Stadt am Meer")
und Fontanes und später bei Liliencron und einigen anderen Jüngern die
rcale Heimat wieder, hier aber doch auch wieder schon Schilderung, während
die charaktcristischen Züge lyrisch zu verwerten sind. Ein Beispiel: Jch sehe
aus meinem Arbeitszimmer in einen der bekannten thüringischen Baumgärten,
dic sich meist einen Hügel hinaufziehen. Es ist Herbst, die unter den Obst-
bäumen überwiegenden Zwetschenbäume hängen so voll von ihren blauen be-
reiften Früchten, daß sich alle Zwcige zur Erde hinabsenken. Mir erregt das
eine ganz bestimmte lokale Stimmung, die ich, da ich kein gcborener
Thüringcr bin und meine Jugenderinnerungen nicht mit den Gärtcn zusammen-
hängen, poetisch nicht herausbringe. Aber ein thüringischer Dichter könnte es
vicllcicht, wohlverstanden, ohne Beschreibung, so daß man ein anschaulichcs
Bild thüringischer Landschast mit ihrer eigentümlichen Stimmung lyrisch be-
kämc. Man dcnke sich, welch cinen Reichtum neuer und kerngesunder deutscher
Lyrik ergübe das, wenn alle deutschen Landschaften in ihrcr besonderen Art
wahrhast lyrisch „vcrwertet" würden. Bishcr sind nur die Ansütze dazu da.

Aehnliche Aufgaben hätten dann auch Noman, Novelle und Erzählung
zu crfüllen. Auch hier sind wieder Storm und Fontane vorausgegangen, aber
dic Hcimatkunst könnte die Sachc noch etivas anders machen als ste. Storm

e. Novcmberheft tyvo
 
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