Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

DOI Heft:
Heft 17 (1. Juniheft 1901)
DOI Artikel:
Batka, Richard: Die Musikalische "Moderne", [4]: die dramatische Tonkunst
DOI Artikel:
Kunowski, Lothar von: Durch Kunst zum Leben: Selbstanzeige
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0206

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ich möchte sagen: polarer Jnstinkt dazu, einen vollkommenen Organismus,
das Ergebnis längen Schaffens, wieder preiszugebeu. Auf die glücklich
nollzogene Synthese folgt also notwendig wieder die Zersetzung. Jeder
der musikalischen Diadochen rafft irgend ein Stück des wunderbaren
Kunstbaus, den Wagner geschaffen hat, an sich und sucht damit nuf
seine Weise fortzukommen. Daher spüren wir Wagner in allen Erzeug-
nissen der Moderne, aber nirgends den ganzen, immer nur Teile und
Teilchen, darum können die Modernen mit dem bewahrten Bruchstück sich
einerseits als verpflichtete Epigonen fühlen, anderseits dem Bewußtsein
einer beginnenden oder begonnenen Lostrennung von der Totalität seines
Wesens sich hingeben. Jn der Unklarheit über dieses Verhältnis liegt
die Hälfte der landläufigen Jrrtümer über die moderne Musik begründet,
vor allem erklärt sich daraus Seidls verblüffendes und zunächst paradox
bedünkendes Wort von Wagner als „Vergangenheitsmusiker", der hin-
widerum, ohne selbst modern zu sein, doch die Modernität resumiere.

Freilich steht trotz dieser Erklärung die Sache der „Moderne" noch
lange nicht zum besten. Zersetzungsprodukte mögen einen gewissen Haut-
gout und pikanten Reiz besitzen: ihr Wert als bekömmliches Genußmittel
bleibt problematisch. Was hilft es, wenn die modernen Kunstchemiker
die aus Wagnerschen Schachten gewonnenen Elemente noch so vcrschie-
dentlich durcheinander mischen? Ueberzeugende Kunstwerke gehen nicht
aus Experimenten, sondern aus frischer Jntuition hervor, und weil sie
dies verkennen, haben es die Nadikal-Modernen trotz alles Aufwandes
an Geist und Wissen zu keinem Erfolg in der dramatischen Tonkunst
gebracht. Wär es nicht klüger, die mühseligen Versuche zu unterlassen,
jene Wagnerschen Elemente in ästhetischen Retorten zu was Originellem
umzuschmelzen oder neue Legierungen zu ersinnen, dagegen lieber mit
scharfem Aug nach neuen lebenskräftigen Kunstelementen Umschau zu
halten? Nach Elementen, die noch nicht reif sind zur Zersetzung, die aus
sich heraus noch treiben und wachsen könncn und mit denen man aus
dem Banne einer magischen Verzauberung hinausgelangt auf frische grüne
Weide zu wahrer Selbständigkeit und Freiheit? Rickard Batka.

vurck Runst ;um Leben.

Lelbstanreige. *

Die Jugend ist es, auf welche sich alle Bemühungen derer richten müssen,
die einen Aufschwung bildender Kunst unter Deutschlands Führung nicht nur

* Unsre älteren Leser wissen, daß wir die „SelbstariMgen", die wir für
den Kunstwart bei seiner Gründung eingefnhrt hatten, nach cinigen Jahren
wieder ausgaben, weil sich Uebelstände dabei hcrausstellten. Wir sühren von
jetzt ab versuchsweise wieder Sclbstanzeigcn ein, abcr nur für Bücher
unserer Mitarbeiter. Eine ganz vorurteilstose Kritik ist innerhalb des
engsten Arbeitsgenossenkreises ja doch nicht möglich, sogenannte Kritikcn der
Zeitschriften über Mitarbeiterbüchcr führen immer zur Loberci, wcnn nicht
gar zur Cligue, ivir bleiben doshalb dabei, sie vom Kunstwnrt auszuschließen.
Andererseits haben die Leser ein Recht, geradc von ständigen Mitarbeitcrn zn
erfahren, was sie sonst noch Wichtigeres vervsfentlichen. Bielleicht helfen da
Selbstanzeigen aus der Schwierigkeit, weil sie sich in Ansichten und Absichten
unmißverständlich nur als die eignc Meinung der Versasser geben. Dcn Jnhalt
dieser Selbstanzeigen oertritt also nichr der Kunstwart als Gemeinschaft, son-
dern allein der Einzelne. Aw.-L.

n'unstwari

>so
 
Annotationen