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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

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Heft 14 (2. Aprilheft 1904)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0104

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Unter die schwärzliche Asche ein Brandscheit wüblt, um vom Feuer
Samen zu retten, anstatt es fernher holen zu müffen:

Aehnlich verbarg sich im Laub Gdyß. Da wollt' ihn Athene

Rasch aus all seiner Not und Pein erlösen: sie goß ihin

Schlaf in die Augen und deckte sie zu nnt den schirmenden Lidern.

Lckleralur.

krunäsckau.

K Unser Rundschaubeitrag „Auch
cine Schul-Literaturgeschichte"
(Kw. XVII, 2), der die Kläglichkeit
der Klugeschcn „Geschichte dcr deut-
schen National-Litcratur" mit ein
paar Schlaglichtern Leleuchtete, hat
in der deutschen Lehrerwelt eine höchst
erfreuliche Beachtung gefunden. An
ciner Anzahl von Schulcn ist das
Buch kurzer Hand schon abgeschafft
worden. Schulvorsteher haben sich an
uns mit der Anfrage gcwendet, was
wir an seiner Stelle empföhlen. Ver-
leger mit der, wcr wohl cin besscres
Buch schreiben könnte.

Aber bei einer Anzahl unserer
Leser ist der Besprechung etwas Son-
derbares geschehn: man hat ihre ein-
zelncn Angaben gar nicht für tat-
sächlich Legründet, man hat sie für
satirischc Schcrze gehalten. Daß von
Georg Ebers allein hier mehr ge-
sprochen werde, als von Hebbel, Lud-
wig, Storm, Kellcr, Groth, Meyer
und Mörike, „kurz, von sämtlichen
Großen unsrer ncucren Litcratur
zusamincn," das erschicn manchem
Fernerstehenden eben einsach umnög-
lich, undenkbar — „auch die Satire
uiuß doch Maß haltcn", schrcibt uns
freundlich verweiseud eincr, dcr's gut
mcint. Nun, ich bckenne, ich habc
mich auch vcrzählt. Jn Wahrhcit
crhalten nämlich bei Klnge:

Friedrich Hebbel ...... 27 Zeilen

Otto Ludwig. 6 „

Theodor Storm . 8 „

Gottfried Keller. 8 „

Konr. Ferd. Meyer . . . . „

Klaus Groth. 7 „

Eduard Mörike.„

Georg Ebers.80 „

Auf Kluges Schalen hält also
Georg Ebers zur Rechtcn das Glcich-
gewicht nur K- F. Meyer, Storm,
Keller, Ludwig, Mörike und Hcbbel
zusammen — wollten wir Groth dazu
packen, so müßten wir auf die andere
Seite noch die Anmerkungen zu
Ebers legen. Dann allerdings könn-
ten wir auch noch Liliencron „bei-
legen", um auszugleichen, was für
diesen Einführcr der deutschen Ju-
gend in die Gcistesschätze unsres Volks
allein — Georg Ebers wicgt. Und
hier handelt sich's nur um eine Stich-
probe. Jm allgemeincn ist Kluge,
wie gesagt, durchaus zuverlässig: je
klciner das Licht, je länger der
Leuchter.

Aber in einer Beziehung hab ich
mich ernstlicher geirrt, in dem Glau-
ben, daß wir's bei diescm Mach-
werk mit etwas Vereinzeltcm zu tun
hätten. Eine Menge von Einsendun-
gen hat mich nun belehrt, daß unsre
Literaturgeschichtsschreibnng für die
Schulen vielmchr fast allgcmcin von
ciner Erbärmlichkeit ist, dic zu dul-
den unserm ganzen Volke schlcchtweg
zu Schmach und Schande gereicht.
„Xou sodoluö ssä vitus" schreiben,
sagcn und prcdigcn wir alle, und wo
wird von dem L e b c n s gchalt dcr
jüngeren oder auch dcr älteren Dich-
tung hier etwas vermittelt, wo wird
gezcigt, wie man den aus den auf-
getrockueten Buchstaben wieder auf-
erstehen macht? Man lese z. B. nach,
wie Bötticher und Kinzel in
ihrer „Geschichte der deutschen Lite-
ratur" (S e ch st e Auflage!) Goethes
Dramen verfüttern — wem das den
Magen für Poesie nicht auf immer-

2. Aprilheft

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