DOI Heft:
Heft 16 (2. Maiheft 1904)
DOI Artikel:Lose Blätter
DOI Artikel:Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0213
Naöra: Des ew'gen Bundes lichten Friedensbogen
Ließ Gott selbst neu der sünd'gen Lrde strahlen,
Die Zorn und Langmut freoelnd ihm empört.
Meph.: Ich danke ihm die eitle Schwäche nicht.
Untauglich war die Welt, kläglich mißlungen.
Lr konnte nur im Werk sich selber richten.
Mißtönend klingt die Glocke, die zersprungcn.
Ls war ihm Psiicht, die Scherben zu vernichten!
Naära: Ich habe keinen Rat in meinem Busen mehr.
Die poffnung sühl ich immer mehr entweichen,
Und meinte doch, selbst übers weite Meer,
Müßt ich die ksand der Licbe noch erreichen.
Mir schwindelt! oh! wie ist das kherz mir schwer!
V, blicke sreundlich, gib ein gutes Zeichen!
Uleph.: Ich spiele nicht mehr mit, mein liebes Uind.
N)as wäre unser Geist denn, wär cr nicht
. . . die hohe Zinne auf dem Bau der Seele,
von der man stolz und in gelass'ner Ruhe
In diesen trüben SchwaU des Lebens blickt?
wie er mit wildeni wellcnschlage brandet
Und hierhin, dorthin stößt mit blindcr Wut!
N)ie kläglich niedrig und genügsam glücklich
Die blödc Schar hier sacht hinunter gleitet,
Dort rohe Gicr, wahnsinnige bsast und Tollheit
Im gicr'gen Strudel durcheinander wirbelt,
Lnttäuschung, Lüge und verrat, o, Lsohn!
verloren ist, wer in den Schmutz hinunter
Die reinen Gliedcr des vertrauens gibt! —
Ich kam ans Land, da ich den Schlamm geschluckt
von meiner allzu gläub'gen Liebestorheit.
U)ie du auch lockst mit guten braven Ivorten,
Ich sxringe nicht hinabl ich schaue zu!
Dies ist mein letztes . . . geh! Nasra! — geh! —
Nasra (ab).
Aunäscdau.
^Ugenieineres.
K Vom Antirationalismus.
Die ärgste und schmählichste Plage
unserer Zeit, unserer Wissenschaft,
unserer Kunst ist der Autiratioualis-
mus. Einer Periode falscher Ver-
nunftanwendung ist eiue der noch
irrtümlichcrcn Vernunftverachtung ge-
folgt. Je vernunftloser heute ein Gc-
lchrter, ein Deuker, eiu bildender
Künstler, ein Komponist oder Dichter
auftritt, desto besser empfiehlt er sich
den meisten Zeitgenossen. Aber schon
gibt es auch andere Leute: erst nur
tk8
einzelue, doch ihre Zahl und ihr
Sicgesmut wird wachscn. Kürzlich
lachte noch jeder von ihnen allein
für sich in dem Winkel, darin er vor
dem allgemcincn Veitstanz sich ge-
borgen; nuu aber lacht man schon
zusammen in kleinen, vergnügten
Gruppeu über die Uusinnigen uud
Widersinnigen, die Schwachsinnigen
und Jrrsiunigen, die mit ihrer Gei-
stesarmut großtun oder ihre Geistes-
krankheit als frohe Botschaft predi-
gen. Und der Lacher werden immer
Unnstwart
Ließ Gott selbst neu der sünd'gen Lrde strahlen,
Die Zorn und Langmut freoelnd ihm empört.
Meph.: Ich danke ihm die eitle Schwäche nicht.
Untauglich war die Welt, kläglich mißlungen.
Lr konnte nur im Werk sich selber richten.
Mißtönend klingt die Glocke, die zersprungcn.
Ls war ihm Psiicht, die Scherben zu vernichten!
Naära: Ich habe keinen Rat in meinem Busen mehr.
Die poffnung sühl ich immer mehr entweichen,
Und meinte doch, selbst übers weite Meer,
Müßt ich die ksand der Licbe noch erreichen.
Mir schwindelt! oh! wie ist das kherz mir schwer!
V, blicke sreundlich, gib ein gutes Zeichen!
Uleph.: Ich spiele nicht mehr mit, mein liebes Uind.
N)as wäre unser Geist denn, wär cr nicht
. . . die hohe Zinne auf dem Bau der Seele,
von der man stolz und in gelass'ner Ruhe
In diesen trüben SchwaU des Lebens blickt?
wie er mit wildeni wellcnschlage brandet
Und hierhin, dorthin stößt mit blindcr Wut!
N)ie kläglich niedrig und genügsam glücklich
Die blödc Schar hier sacht hinunter gleitet,
Dort rohe Gicr, wahnsinnige bsast und Tollheit
Im gicr'gen Strudel durcheinander wirbelt,
Lnttäuschung, Lüge und verrat, o, Lsohn!
verloren ist, wer in den Schmutz hinunter
Die reinen Gliedcr des vertrauens gibt! —
Ich kam ans Land, da ich den Schlamm geschluckt
von meiner allzu gläub'gen Liebestorheit.
U)ie du auch lockst mit guten braven Ivorten,
Ich sxringe nicht hinabl ich schaue zu!
Dies ist mein letztes . . . geh! Nasra! — geh! —
Nasra (ab).
Aunäscdau.
^Ugenieineres.
K Vom Antirationalismus.
Die ärgste und schmählichste Plage
unserer Zeit, unserer Wissenschaft,
unserer Kunst ist der Autiratioualis-
mus. Einer Periode falscher Ver-
nunftanwendung ist eiue der noch
irrtümlichcrcn Vernunftverachtung ge-
folgt. Je vernunftloser heute ein Gc-
lchrter, ein Deuker, eiu bildender
Künstler, ein Komponist oder Dichter
auftritt, desto besser empfiehlt er sich
den meisten Zeitgenossen. Aber schon
gibt es auch andere Leute: erst nur
tk8
einzelue, doch ihre Zahl und ihr
Sicgesmut wird wachscn. Kürzlich
lachte noch jeder von ihnen allein
für sich in dem Winkel, darin er vor
dem allgemcincn Veitstanz sich ge-
borgen; nuu aber lacht man schon
zusammen in kleinen, vergnügten
Gruppeu über die Uusinnigen uud
Widersinnigen, die Schwachsinnigen
und Jrrsiunigen, die mit ihrer Gei-
stesarmut großtun oder ihre Geistes-
krankheit als frohe Botschaft predi-
gen. Und der Lacher werden immer
Unnstwart