Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

DOI Heft:
Heft 20 (2. Juliheft 1904)
DOI Artikel:
Naumann, Friedrich: Die Kunst im Zeitalter der Maschine: (ein Vortrag)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0393

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oie Runst im ^eitalter äer Ma^ckine.

(Ein Dortrag.)

Wenn sich die Kunst und die Maschine, beide als lebendig ge-
dacht, eines Tages auf der Straße oder im Walde treffen, da grüßen
sie sich nur gerade eben wie zwei Leute, deren ganzer Lebenszweck ver-
schieden ist und deren Bekanntschaft aller inneren Wärme entbehrt.
Aber dieser unvollkommenc Gruß würde kein volles Abbild ihrer
gegenseitigcn Beziehungen sein. Die Zukunft unserer Jndustrie hängt
zu einem gutcn Tcil von dcr Kunst ab, die unscren Produkten Wert
gibt, und die ticfsten Bewegungen des Kunstempfindens in der Gegen-
wart sind in ihrer Eigenart bestimmt oder mitbestimmt von der Ma-
schine. Das ist es, wovon wir reden wollen. Aber ehe wir zum
Kern der Sache selbst gehen, sei es gestattet, einiges als Vorwort zu
sagen.

Jmmer trat die Kunst in Zeiten hervor, wo der Wohlstand im
Wachsen war. Man denke an Jtaliencr und Niederländcr! Auch bei
uns wächst die Menge der Kunstgegenstände und Kunstdarbietungen
mit dem finanziellen Aufschwung. Es muß eben Geld da sein! So-
lange die Völker nur fragen müssen: was werden wir cssen, womit
werden wir uns kleiden? können sie in Kunst wenig tun. Kunst sitzt
gern am Feuer der Herren, die etwas haben. So saß sie um die
Fürsten herum, auf den Sesseln, die den Bischof umgabcn, bei dcn
großen und kleinen Aristokraten der alten Tage bis hin zu dein unvcr-
geßlichen Fürstenhofe von Weimar. Gewiß, es gab auch unter den
alten Künstlern freie Männer, die wie Kaufleutc von ihrer Arbeit
lebten, aber der Grundcharakter dcr alten Künstler war doch eine Art
lockeren Beamtentums, bei dcm man das Wort locker ebenso unter-
streichen muß wie das Wort Beamter. Erst die „neue Aristokratie",
die mit der Maschine aufwächst und aus ihr ihre Mittel herausholt,
änderte grundsätzlich ctwas an der Lage der Künstler, denn sie be-
handelt die Kunst nach dersclben unpersönlichen Methode, nach der
sie sich ihr ganzes Dasein einzurichten gcwußt hat. Man zahlt nicht

2. Inliheft i qo-r

3,7
 
Annotationen