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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 3 (1. Novemberheft 1904)
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Fricke, Richard: Sprechsaal: "Bearbeitungen"
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0163

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gehörigen aller Konsessionen Pslegt doch Luthers Ausspruch vom Wasser,
„das allein es freilich nicht tut", bekannt zu sein.

Jch gebe zu, daß ich Bülow (und auch Riemann) nicht
mit anderen „Bearbeitern" in einem Atem hätte nennen dürsen: Der
Kollektivtitel der Cottaschen Ausgabe hat mich dazu veranlaßt. Jch
meine aber „Bülow und Genossen" gesagt zu haben und nicht „Lebert
und Genossen" — meines Erachtens immerhin ein gewaltiger Unter-
schied!

5. Reineckes Ausgabe habe ich in meinem Aussatze nicht emp-
fohlen; ebensowenig habe ich darin auf ein Ende der Aera der
O r g e l transkriptionen gehosft.

Aus die noch übrigen Bemängelungen Vianna da Mottas habe
ich nichts weiter zu erwidern, als daß ich eben anderer Meinung bin;
es ist ja zwecklos, sich stündig ja und nein zuzurusen.

Richard Fricke

^sse MLtter

Kus SlLra Viebig8 „8cdlÄsenckeni I)eer"

Vorbemerkung. Wir haben zu den folgenden Bruchstücken zu
Clara Viebigs neuem Romane an dieser Stelle nichts wesentliches mehr
zu geben, als den Hinweis auf Kurt Arams Besprechung in eben diesem
Hefte. Von Clara Viebigs erzählender Kunst zu großer erzählender Prosa-
dichtung ist ja immer noch ein Stück Weges, ja, gerade der Leser dieses
ungemein wirkungsvollen und vortrefflich komponierten Romanes wird manch-
mal das Gefühl haben, daß eine Leistung, wie er, und eine deutsche Roman-
dichtung etwa in der Art Goethes, Kellers oder Ludwigs dem Wesen
nach verschiedene Gebilde seien. Jch meine: wir sollen nns des Unter-
schieds bewußt bleiben, aber nicht immer und überall Ansprüche erheben,
wie sie allein der begnadete Poet in Ansnahmewerken seltener Jahre erfüllt.
Zudem: können wir nicht eine Romanart immerhin wohl branchen, welche
die sozialen, politischen und sonstigen Verhältnisse, welche die Fragen und
Kämpfe des Tages einfach aus dem Tageseindrnck heraus schriftstellerisch
spiegelt und deutet? Die Franzosen haben solche Bücher längst, wir erhielten
bisher nur ausnahmsweise einigermaßen tüchtige ihrer Art — vielleicht
gerade, weil das Bessere der Feind des Gnten war, weil unsern ernsteren
Schriftstellern der Wagemut fehlte, schnell zuzugreifen und ehrlich zu schil-
dern, sei es auch nicht erst nach Vorbereitungen „sür die Ewigkeit". Ob
das Bild der polnischen Verhältnisse, das uns die Viebig gibt, ganz „echt"
sei, darüber darf man gewiß je nach den eigenen Beobachtungen streiten,
mir z. B. ist aufgefallen, daß die Vorwürfe des Polen gegen den Deutschen,
daß ihm das Gemüt fehle, daß er strebere und daß er ein Mnrrkopf sei,
hier gar nicht anstauchen. Andre werden nicht einsehen, warum der herzens-
edle Hauptvertreter des Deutschtums, Doleschal, nicht ein wenig klüger
ist, sie werden ihn ein bißchen „Marlittisch" gefärbt sinden und werden bei
ihm und bei seiner Frau, wie bei manchen weichen Szenen zwischen andern
Leuten mehr Sentimentalität sehen als tiefes und starkes Gefühl, wieder
andre werden sich gestört sühlen durch ein effektvolles Arrangieren und
auf die Spitze Treiben. Jch kann alle diese Vorwürfe verstehn (nur den der
Tendenzmacherei im übeln Sinne nicht), — aber ich sehe in ihnen allen
keinen Grund, Kurt Arams günstiges Urteil nicht zu unterschreiben, das

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