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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

DOI Heft:
Heft 22 (2. Augustheft 1905)
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0595

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Sprecksaal

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(Unter sachlicher Verantwortung der Einsender)

In Sacken „Rsrnevsl", Geäickte von Zvtur Voäen*

Zu Webers Kritik der Gedichte Artur Bodens möchte ich mir einige
Einwände grundsätzlicher Art erlauben. Woher schließt Weber aus
dem Verlangen des Dichters nach „Haß" auf eine jünglinghaft typische
Unreife? Muß ein Dichter, weil er Haß ersleht, den Haß auch gleich als
Kennzeichen echter Mannheit betrachten? Nicht der Haß, sondern die Ent-
schiedenheit (die allerdings durch das bewußte Sicherfüllen mit dem
seiner persönlichen Eigenart gemäßen „Haß" gewonnen wird) schafft den
Jüngling zum Manne und läßt ihn als „Mann" im „Sonnentale" stehn.
Ferner: Muß denn Hah durchaus als ein Gefühl leidenschaftlichen Ueber-
schwanges gefaßt werden? Kann der Dichter unter Haß nicht einfach den
Gegensatz zu Liebe verstehen, die abwehrenden, verneinenden Empfindungen,
das gefühlsstarke Betonen dessen, was ihn von der typischen Allgemein-
heit und ihren Bedürfnissen trennt? Diesen Haß kann einer, scheint mir,
mit durch feine Mannesjahre bis ins Greifenalter hinaufnehmen (Schopen-
hauer). Er scheint mir eher ein Zeichen von Einseitigkeit als von Unreife
zu sein. —

Als Freund Bodens möchte ich noch erklären, daß er den „Karneval"
kurz nach seiner Veröffentlichung wieder zurückgezogen hat, weil er feinen
eigenen kritischen Anforderungen nicht genügte. Letder ist Weber infolge
eines Mißverständnisses davon nicht in Kenntnis gesetzt worden.

von lVolfsberg

Die allgemeinen Aussührungen Wolfsbergs halte auch ich für richtig.
Nur glaube ich: wenn der Dichter sich den „Haß" zu seiner Vollendung
nicht als Kennzeichen der Mannheit erfleht, sondern lediglich als Mittel,
durch ihn in weiterer Folge zur Mannheit zu gelangen, so muß er auch
ausdrücken, daß er dieses Mittel nicht nur braucht, sondern auch darüber
h i n a u s zukommen hat, um als Mann dazustehn; sonst würde der Haß auch
als Mittel eben doch ein Kennzeichen des Mannes bleiben. Uebrigens würde
ich sür meine Person auch gar nicht anstehn, einen „Haß", der nur das
gute Recht oder vielmehr die „Pflicht" der Persönlichkeit zu einem ent-
schiedenen ALwehren des Wesenssremden betont, als ein solches Kennzeichen
gelten zu lassen. Daß Boden aber von seinem „Willen" sich den Haß, „den
holden aus goldner Feuerschale", als eine Leidenschast wilden Ueberschwangs
erslehte, schien mir aus dem erregten Zustande hervorzugehn, in dem er ihn
sich als Erlösung aus „Jammertränen", als Gegenmittel gegen des Busens
„wilden Schrei" herbeisehute. Wenn hier ein Jrrtum meinerseits vorliegt, was
wohl der Fall sein mag, so lag es doch, glaub ich, näher, ihn zu begehn,
als ihn zu vermeiden. Jedenfalls möchte ich nicht dahin mißverstanden
werden, als hätte ich mit der Bezeichnung „Jünglingsgedanken und -gesühle"

* Vgl. Kw. XVIII, (9. Die Aufnahme dieser Auseinandersetzung auf
Grund von prinzipiellen Einwänden gegen Schlüsse allgemeiner Art soll
keineswegs zu „Gegenkritireu" ermuntern: es muß auch künftig bei unserer
Gepflogenheit dsr Beschränkung auf nur eine kritische Stimme sein Be-
wenden haben. Kw-L



2. Zlugustheft 1905

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