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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 23 (1. Septemberheft 1905)
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Unsere Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0681

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die der aufgehende Mond über den Nebel verbreitet.' Oder er ging ans
Meer und hielt die Poesie der Stunde nach Sonnenuntergang fest, so neu,
so zart, sv intim, so ganz und gar als landschaftliche Stimmung, wie wohl
erst die heutige Generation wieder die Natur erlebt. Eine solche Stunde
waltet auch in dem Bilde, das unser heutiges Heft einleitet: eine Ecke im
Fischerhafen; unter den aufgespannten Netzen hin funkelt das letzte Licht
auf den breiten Wellen. Jm Hintergrunde die alten Türme von Greifs-
wald. Wie das Licht die stille Luft bewegt! Wie es sich, leise abschwellend,
zur Dämmerung verdichtet! Traumhaft sind die leblosen Dinge belebt, und
„poetisch" durchfühlt erscheint auch das dunkelste Dunkel noch. Wenn wir
nach den Anfängen der modernen Stimmungslandschaft suchen, so werden
wir sie allerdings über die Zeit des IMime« hinaus in den Tagen

Friedrichs sicherer ausfindig machen können.

Wer kennt ihn nicht, den Blick ins grüne Hügelland hinab nnd aus
die sernen Berge, den unsere farbige Wiedergabe der Landschaft Ernst
Liebermanns zeigt? Die Häuser wie ein Riesenspielzeug über anmutig
fruchtbares Gelände verstreut, und fern, vom Violett bis zum Blaugrün
abgetönt, der noch verschneite Wald des Gebirges. Die kleinen Flächen,
die lebhaften Linien werden größer, beruhigter, se höher hinaus und weiter
hinaus das Auge wandert und tastet; endlich landet es im gleichmäßig
sricdlichen Streifen des Himmels. Wie kam's, daß man früher einen solchen
Blickpunkt so selten künstlerisch fand und nützte? Jn unseren Tagen hat ihn
wohl erst Thoma zu Ehren gebracht, und auch dies Bild Ernst Liebermanns
bezeugt es, ohne dabei seine Eigenheit vermissen zu lassen.

Die weiteren Beilagen erläutern den Aussatz „Friedhöfe" von Schultze-
Naumburg. L R

Um den Aussatz über Liszt und die Leseproben zu ergänzen, bringen wir
den Chor der Armen aus der „Heiligen Elisabeth". Gern hätten wir Bülow
das Wort gegeben, aber seine Erläuterung ist in der Ausgabe seiner Schriften
unterdrückt. Um so willkommener sei, was Peter Cornelius sagt, Band 3 der
Gesamtausgabe bei Breitkopf:

„Der Chor der Armen ist ein Stück, für das man keinen Vergleich hat,
es steht einzig da und erringt wohl unter den Einzelheiten des Oratoriums
den Preis. Diese dumpfen, trüben Klänge sind wie Nebelstreifen, die sich
über das öde Heideland breiten, aus welchem Elisabeths Hütte steht. Es ist,
als ob alle Not, alle Sorge des Lebens sich in den Rahmen dieser hundert
Takte dränge. Man lauscht mit angehaltenem Atem, mit gepreßtem Herzen
nud ist von einem Freudenschauer durchströmt, wenn aus diesem schmerz-
licheu Gesang das Lob der Heiligen sich erhebt, als würden diese Armen
zu Engeln, welche die Schwester grüßen."

Herausgeber: Ferdinand Avenarius tn Dresden- Blasewitz; verantwortlich:

t. V. Eugen Kalkschmidt, Dresden ° Blasewitz; Mitleitende: für Musik: l)r. Karl
Erunsky tn Stuttgart; für bildende Kunst: Prof. Paul Schultze - Naumburg
tn Saaleck bei Kösen in Thüringen — Sendungen sür den Text ohne Angabe etncs Personen-
namens an die .Kunstwart-Neitung" in Dresden-Blasewitz; über Musik an Or. Karl
Grunsky. Stuttgart, Stitzenburgstr. l. — Manuskripte nur nach vorhertger Verein-
b arun g, widrigenfalls keinerlei Verantwortung übernommen werden kann — Berlag von
> Georg D. W. Callwey — Druck von Kastner L Callwey, kgl. Hoibuchdruckerei in München
i Bestellungen, Anzeigen und Geldlendunaen an den Verlag Georg D. W. Caüwey in München

bOt Runftwart XVIII, 23
 
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