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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,1.1905-1906

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1905)
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W. R.: Kunst im Krankenhause
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7963#0034

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Reiz, als das „echte" Grün. Zudem geht alles Grün der Anlagen
vortrefflich in der Farbe damit zusammen, der wilde Wein z. B.
ganz wunderschön sowohl i,n seinem Sommer- wie in seinem Herbst-
gewand. Der Geist des Ockers macht aber vor den Türen nicht
Halt, er verbrüdert sich nnr mit „Lehmgelb" nnd „Steingran", um
durch die Treppenausgänge bis in die „Säle" zn dringen, wo ihn
höchstens die schwächlich gebrochenen Rosa- oder Resedatöne ablösen.
Und die Möbel? Nußbaumimitation und Eichenimitation, wenn man
das Ergebnis wilden Hernmfahrens mit einem Pinsel voll Ruß auf
einem dunkleren oder helleren Grunde so nennen kann. Wie selten,
daß man das Holz in seiner natürlichen Schönheit sehen läßt, oder
aber es mit einem ruhigen und schönen Farbentone ehrlich zudeckt!

Möge mau dort, wo die Macht ist, unsre bescheidene Anregung
nicht unbeachtet lassen. Worauf wir hinaus wollen, das ist hier
so gut wie anderswo nicht nur ästhetische, sondern auch ethische Kul-
tur, sofern die Beachtung aller Seiten des Berufes zur ethischen
Kultur gehört. Jn unserem Falle: des ärztlichen Berufes, denn das
ruhige Behagen, das eine harmonisch schöne Farbenstimmung ver-
breitet, auch wenu man nicht weiß, woher sie kommt, gehört zur
Hygiene. Wenn erst mehr Krankenhäuser so ausgestattet sind, wird
man kaum mehr begreifen können, daß man den bishcrigen Unfug
so lange ertrug.

Und noich esns: warum ist ein plastisches Kunstwerk in unsern
Krankenhäusern geradezu esne Seltenheit? Gesetzt, daß sich's um eine
fromme Stistung handle: wo, beispielsweis, kann ein schöner segnen-
der Christus stärker wirken, als am Ende eines langen Wandelganges inl
Krankenhause? Und wenn Gestalten aus dem bsblischen Kreise nicht
am Platze scheinen, warum stiftet so selten ein Kunstfreund irgend eine
andre Skulptur einem Krankenhause dorthin, wo die Erholungsuchen-
den mit guter Muße lange und immer wieder in ihrer Nähe ver-
weilen würden? Ernste und vielleicht mehr noch heitere plastische
Figuren und Gruppen gehören in die Gänge und in die Gärten
unsrer Anstalten. Es brauchten auch keine Originalwerke, es könnten
sogar fürs Erste ganz wohl Absormungen in billigem Materiale sein.
Aber Abformungen guter Werke, z. B. die bemalten Kopien nach
den Reliefs von Della Robbia, die jetzt gut und billig zu haben sind.
Nicht etwa die bei Piepenbrinks so beliebten Zwerge oder Nehe oder
Pilze aus Ton, wie ich allcr Vorsicht halber ja noch betonen möchte..

lv R

Vorbemerkung. Die Gedichte Alfred Vogels, die wir unsern
Lesern bieten, künden aufs klarste von dem „Wollcn" des Dichters. Anch
Carl Hanptmanns mystisches Sinncn spricht, wie es sich in Gestalten
kleidet, für sich selber. Was aber „will" der Verfasscr des Stückleins „Wie
das Jesuskind verlaufen ist"? Eine Legende erzählen, wie sie Gottfried
Keller als Meister in solchen Dingen „vorerzählt" hat? Dem äußern Anschein
nach: ja. Freilich, wer phantastisch „tiefer" zn blicken versteht, wird bald
merken, daß die Art des Fabulierens hier ihrer Wesensrichtung nach durchaus

18 Kunstwart XIX, s
 
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