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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 20
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Bernburg, Ed. A.: Unsere Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0311

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Uöer alle WeöieteOöeK Mcöönea.

! Lrscbetnt

'UI ersteil und dritten viertel

Derausgeber:

zferdtnand Avennrtus.

Kcsrellpreis:
Vierteljährlich 21/2 Mark.

2.

Zabrg.

Ansere Gurtenkunst

der Gartenkunst haben wir's herrlich weit
gebracht — wer's nicht glaubt, mag nur
Gartenkünstler fragen. !Nan denke an
W^^^^die Gartenbau-Ausstellungen der letzten Iahre:
zeigten sie nicht wieder eine schwere !Nenge von
Neuheiten in Gestalt von Ziersträuchern, Blumen-
pslanzen, Blattpflanzen usw., die ehedem kein Mensch
gekannt, ferner von Aünstlerträumen des Gärtner-
geistes, wie sene Azaleen, die zur Lsälste rot, zur Lsälste
weiß waren, serner von scheinbaren Stickereien mit
frischen Blumen, von Aissen, Namenszügen, ja Bild-
nissen mit blauen Augen und roten Mündchen, alles
aus Nosen, Stiefmütterchen, vergißmeinnichten oder
was weiß ich wovon gemacht — jedensalls war
schon aus einer Gntsernung von drei Schritten nicht
zu sehen, daß sich's um wirkliche Ainder Lloras
handelte. Nlan denke serner an unsere „Landschafts-
gärtnerei" — war je ein Gartenplan, an der Stange
oder unter Glas und Rahmen aufgehängt, lieblicher
anzusehen, als jetzt? Buk je ein Bäcker so schön
geschwungene Bretzeln, wie diese wegbretzeln da, die
sreilich keiner je so von oben herab zu übersehen be-
kommt, wie hier auf dem jAane?

was liegt daran? Das Bewußtsein, daß sie aus
dem plane schön sind und daß man ja nur auf einen
Luftballon zu steigen braucht, um sich zu überzeugen,
sie sind es auch in der „Aussührung" — genügt es
nicht?

Freilich, was für Nlänner sind sie auch, die Garten-
künstler neuester Schule. Niit dem ksandwerk usw.
haben sie nichts zu thun; sie wären am liebsten akade-
misch gebildete Aünstler. Über die niedrigen Dinge, mit
denen sich srüher der Gärtner aushielt, kommen sie
schnell hinweg — was schiert sie der Nutzbau, was
das Lserumgewuzel in Beeren-, Nüben-, Rrautwerk:
sie komponiren, sie malen und dichten mit Bäumen

und Sträuchern, sie pflegen die „harmonische Garten-
kunst". Lsarmonisch in sich selbstverständlich, nicht
etwa harmonisch mit dem andern, das so die Hand-
werker, die Nutzgärtner, unter den Händen haben:
harmonisch also, soweit sich's um Ziersachen han-
delt — Gbstbäume, Beerensträucher und nun gar
Aorn- und Aartosselselder gehen sie selbstverständlich
nur als Stasfage was an. Denn die Gartenkunst ist
eine sreie, selbftändige Aunst: wie der s?oet mit dem
lVort, der Musiker mit dem Ton, der Maler mit der
Larbe, so schafft sie sreie selbständige Runstwerke mit
den Rindern Lloras.

<Ls ist eigentlich unerhört, daß es solchen in den
Areisen der Runstgärtner hergebrachten Anschauungen
gegenüber allerdings noch Leute giebt, welche unsere
ganze Gartenkunstherrlichkeit zweiselsüchtig betrachten.
Aber in der That, es giebt deren. Sie gehen sogar soweit,
diese Nörgler, daß sie sagen, unsere Gartenkunst lause
in der ^auptsache aus einem salschen wege. Sie
sühren zunächst ganz gewöhnliche materielle Schein-
gründe für die Berechtigung ihrer Rritteleien an.
Zum Beispiel: woher sollten aus die Dauer die Mittel
komnien, die unverhältnismäßige Rostensteigerung sür
moderne Garten- und jDarkanlagen der beliebten Art
zu bestreiten? Gerade in der Nähe der Städte steigt
der Bodenwert sortwährend und schnell, die Arbeits-
löhne thun es nicht minder, usw. usw., während
andererseits der Garten in seiner jetzt üblichen Aus-
sührung nicht das Geringste einbringt. Der Neiche
wird wohl noch eine gute weile lang die Lache mit
ansehen können — aber sollen Gärten da, wo sie
am nötigsten sind, in der Stadt und deren Umgebung,
immer nur das Dorrecht des Reichen sein? Die
Gartenkünstler riefen nun zwar ihren Gegnern zu:
„Städtische oder Staats-Gärten und j?arkanlagen!"
Za, sagten die nun, aber sehlte in diesen dem darin



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