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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,1.1907

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1906)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8627#0068

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dung da wie dort, der Schein geht
vor das Sein. Iahrzehntelang hat
die Provinz das Schlechte von der
Großstadt nbernoinmen; wann wird
sie reif genug sein, das Gute zu
übernehmen? Fast alle unsre meist
kunstreichen Landstädte sind von
diesem Ernfluß verschrt; daß er
bis zum völligen Bankerott führen
kann, lehrt die nordböhmische Stadt.

Ioseph Aug. Lux

W Die Türme des Breslauer
Domes

sollen ausgebaut werden. Mit Hilfe
einer Abbildung in Schedels Welt-
chronik von W2 hosft der Diözesan--
baumeister die beiden Türme in stil-
echter Gotik restauricren zu können.
Nun streiten sich die Leut herum,
ob das möglich und am Ende auch
nötig sei? Wenn einmal gebaut
werden muß — und das scheint be-
schlossene Sache — so wären, das ist
auch unsere Meinung: die Aus-
schreibung eincs gut dotierten Wett-
bewerbes unter allen deutschen Ar-
chitekten, sowie die Berufung einer
entscheidenden Kommission von an-
erkannten Sachverständigen die un-
erläßlichen Mittel, um zu der best-
möglichen Lösung zu kommen. Fin-
det sich die nicht, so wäre doch sehr
zu überlegen, ob nicht die Millio-
nen besser zumAufbau eines neuen
Gotteshauses zu verwenden sind, um
so mehr als der Süden der Stadt,
wie hervorgehoben wird, monumen-
tale katholische Kirchenbauten voll-
kommen entbehrt.

W Wie können wir helfen?

„In Brückenau bei Kissingen sol-
len die drei noch übrigen kleinen
Wohnhäuser, welche dort am Haupt-
platze von König Ludwig I erbaut
wurden und diesem Platze das rei-
zende Aussehen verleihen, noch in
diesem Iahrr niedergerissen werden
und zwar durch den bayerischen
Staat auf Veranlassung des Bade-
pächters Kommerzienrat Roth, um

»eleganten« Häusern Platz zu ma-
chen." Nachrichten wie diese werden
dem „Dürerbund" und dem Bund
„Heimatschutz" sowie dem „Kunst-
wart" fast täglich zugesandt, und
nun sollen wir helfen. Was wir
tun können, tun wir in solchen
Fällen, sehr oft aber fehlt das
wichtigste: die Verbindung mit den
Kräften am Ort, mit den Be-
hörden, der Presse, den Vereinen,
den einflußreichen Privatpersonen
am Ort. Wir halten es deshalb
für ganz unbedingt nötig, daß die
Freunde der ästhetischen Bewegung
sich wenigstens so organisieren, daß
sie wissen, wo sie sich finden und
miteinander aussprechen können,
wenn das durch diesen oder jenen
Zwischenfall nötig werden sollte.

A

j Vl Poststempel

Für Kunstzwecke und Kunsterzie-
hung werden im lieben Vaterlande
jährlich Millionen ausgegeben und
die Kunsterziehung geht oftmals die
schwierigsten Wege, um sich unserm
Bolke überhaupt bemerkbar zu ma-
chen. Die Sachen aber, die fast
jeder Mensch, wenn er nicht grade
Sennhirte von Beruf ist, fast täg-
lich in die Hand bekommt, Geld-
stücke und Briefmarken braucht man
bekanntlich nicht, um Kunst im Volke
zu verbreiten. Im Gegenteil, man
macht z. B. Poststempel, um es deut-
lrch zu sagen: so dumm und kin-
disch, daß auch bei einem eigens
ausgeschriebenen Wettbewerbe nie-
mand etwas zustande bringen könnte,
das dümmer und kindischer wäre!
Wer's nicht glaubt, sehe den auf der
nächsten Seite stehenden Poststempel
an. Auf einer flatternden Fahne liegt
ein oben eingerolltes und un-
ten umgebogenes Papier, in
dessen Mitte zwei steife Buch-
staben stehen! Abgesehen davon,
daß jeder Hosenmatz das mit mehr


Kunstwart XX, s
 
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