im Hausgestühl ebenso wenig ausgehalten werden kann, wie die Aus--
schaltung der persönlichen Linien bei der Schreibmaschine. Selbst die
Herausgeber von Kunstblättern, welche für individuelle Kunst eintreten,
arbeiten mit der Schreibmaschine. Es ist ein notwendiger Eharakterzug
in der Massenhaftigkeit des modernen Betriebes, daß das Individuelle
nnd Persönliche sich rückwärts verkriecht und daß gleichmäßige und normale
Formen das Leben beherrschen. Diese Ilmwandlung können wir nicht
ohne ein Gefühl der Wehmut konstatieren, aber aufzuhalten ist sie
nicht. In diesem Sinne bezeichnen wir die neue Umwandlung des
Kunstgewerbes einfach als eine geschichtliche Notwendigkeit und ge-
winnen den vorhin ausgesprochenen Sorgen gegenüber eine gewisse
Freudigkeit nnd Zuversicht, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß der
Prozeß der Indnstrialisierung auf andern Kunstgebieten sich schon
längst vollzogen hat, ohne daß die Kunst dadurch erniedrigt worden ist.
Berlin (Schluß folgt) Friedrich Naumann
Lose Blätter
Drei Gedichte von Wilhelm Naabe
Wunsch und Vorsatz
Kein Tor,
Kein Türchen
Soll sein mir verschlossen!
Kein Herz,
Kein Herzchen
Soll mich verstoßent
Aber wollen die Großen
Nichts von mir hören,
Will zu den Kleinen
Schnell ich mich kehren!
Aber wollen die Klugen
Nichts von mir wissen,
Will die Einfältigen
In Demut ich grüßen!
Wiegenlied
Schaukeln und Gaukeln —
Halbwachender Traum.
Schläfst du, mein Kindchen?
Ich weiß es kaum.
Halt' zu dein Äuglein,
Draußen geht der Wind;
Spiel' sort dein Träumlein,
Mein herzliebes Kind!
Draußen geht der Wind,
Neißt die Blätter vom Baum,
Reißt die Blüten vom Zweig.
Spiel' fort deinen Traum!
2. Oktoberheft (906
72
schaltung der persönlichen Linien bei der Schreibmaschine. Selbst die
Herausgeber von Kunstblättern, welche für individuelle Kunst eintreten,
arbeiten mit der Schreibmaschine. Es ist ein notwendiger Eharakterzug
in der Massenhaftigkeit des modernen Betriebes, daß das Individuelle
nnd Persönliche sich rückwärts verkriecht und daß gleichmäßige und normale
Formen das Leben beherrschen. Diese Ilmwandlung können wir nicht
ohne ein Gefühl der Wehmut konstatieren, aber aufzuhalten ist sie
nicht. In diesem Sinne bezeichnen wir die neue Umwandlung des
Kunstgewerbes einfach als eine geschichtliche Notwendigkeit und ge-
winnen den vorhin ausgesprochenen Sorgen gegenüber eine gewisse
Freudigkeit nnd Zuversicht, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß der
Prozeß der Indnstrialisierung auf andern Kunstgebieten sich schon
längst vollzogen hat, ohne daß die Kunst dadurch erniedrigt worden ist.
Berlin (Schluß folgt) Friedrich Naumann
Lose Blätter
Drei Gedichte von Wilhelm Naabe
Wunsch und Vorsatz
Kein Tor,
Kein Türchen
Soll sein mir verschlossen!
Kein Herz,
Kein Herzchen
Soll mich verstoßent
Aber wollen die Großen
Nichts von mir hören,
Will zu den Kleinen
Schnell ich mich kehren!
Aber wollen die Klugen
Nichts von mir wissen,
Will die Einfältigen
In Demut ich grüßen!
Wiegenlied
Schaukeln und Gaukeln —
Halbwachender Traum.
Schläfst du, mein Kindchen?
Ich weiß es kaum.
Halt' zu dein Äuglein,
Draußen geht der Wind;
Spiel' sort dein Träumlein,
Mein herzliebes Kind!
Draußen geht der Wind,
Neißt die Blätter vom Baum,
Reißt die Blüten vom Zweig.
Spiel' fort deinen Traum!
2. Oktoberheft (906
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