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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,1.1907

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Heft 7 (1. Januarheft 1907)
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Brandes, Friedrich: Moloch
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Zur Museumsfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.8627#0483

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ment, die verblüffenden Esfekte des leicht erkauften Naturalismus
vermieden sind. Aber alle Errungenschaften der neuesten Orchester-
technik finden fich in der Molochpartitur, bis herab auf Celefta und
Heckelphon.

Schillings ist der geborene Pathetiker, ohne prahlende Ruhm-
redigkeit nnd ohne erborgte Stelzen, wie d'Albert der erfehnte Lust-
spielkomponist und Humperdinck die Hoffnung aus eine volkstüm-
liche Spieloper. Als größter Gewinn ist neben diefen dreien noch der
alle überragende Erfinder Hans Psitzner zu nennen. Man kann
sagen: diese vier find Wagners rechtliche Lrben. Von einzelnen
„fchönen Stellen" der Molochmusik zu reden, wäre unwagnerisch.
Ob aber neben dem Wagnerischen Lrbe die eigene Physiognomie des
Komponisten in diesem Werke stark genug ist, um in die Zuknnft
zu wirken, darüber kann nach einer ersten Bekanntschast nicht geurteilt
werden. Man kann es nur glauben. Und eben gerade der Charakter
des Moloch als einer Nichtsensation, die vornehme Individualität
des Komponisten dürsten eine mit der Zeit sich steigernde Wirkung
verbürgen. Zwar will mir scheinen, daß die nrsprüngliche Frische und
Nrwüchsigkeit, die Schillings Ingwelde auszeichnet, in der Moloch-
musik nicht erreicht wird. Wie Hiram in der Dichtung mehr Kon-
struktion als Gestalt ist, so erscheinen auch die den Götzen und den
ihn mißbrauchenden Priester kennzeichnenden Motive und ihre Modi-
sikationen gesucht und ergrübelt. Sie erscheinen mir so, sind aber
vielleicht nur erst sremdartig. Und eine serne, sremde Welt ist es
ja, in die uns dies Drama versetzt. Aber im Grunde ist die Fremd-
heit nur das äußere Teil. Im Kern des Molochdramas, wie
oben ansgesührt wurde, sinden wir Germanen uns selbst: die
Sehnsucht nach der Gottheit als einem in jeder Hinsicht Innerlichen.
Nnd diese germanische Ureigenheit, die metaphysische Schwärmerei
des edlen Phantasiemenschen musikalisch auszusprechen, war Schil-
lings, ein wurzelecht deutscher Komponist, besonders berufen. Auf
dieser Seite liegt das Eigene seiner Molochmusik, die darin, also
im Wichtigsten, die Abhängigkeit von Wagner gänzlich abgestreist hat.
Eben deswegen glaube ich auch, daß das Werk trotz seiner Mängel
durchdringen wird.

Ls hat seine Nraufführung nun in Dresden erlebt. Der Mut
der Araussührungen von Werken großen Stils mit umsangreichem
komplizierten Apparat hat unsere Oper seit einer Reihe von Iahren
vor den meisten andern ausgezeichnet. Ilnd nicht nur die Initiative,
sondern auch die mustergültige Ausführung hat diesen Dresdner Ur-
aufführungen Weltruf errungen.

Dresden Friedrich Brandes

Zrrr Mryeumsfrage

Bei den verschiedenen Artikeln, die in diesem Frühjahr in den
Münchner Neuesten Nachrichten über die Münchner Museums-Zustände
erschienen sind, war es für den unbefangenen Leser auffällig, daß den
entscheidenden Fragen immer ausgewichen wurde.

Man tadelte Mehreres bei der Aufstellung im hiesigen Na-
tionalmuseum, um die Aufstellung durch Künstler an und sür sich

29 t Kunstwart XX, 7
 
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