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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

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Heft 13 (1. Aprilheft 1907)
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Kasernen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0032

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fälligen, der äisiseta, insinbra (aber nicht potztaö), nicht des von vorn-
herein Geplanten und Geordneten.

Viel trägt freilich auch das Material des fast ausfchließlich ver-
wendeten Backsteins zu dem Gindruck der Langeweile bei. Wechsel
zwischen Putz- und Backfteinbauten, Wechfel in der Farbe des Putzes
felbst — auch mit Fachwerk könnten Verfuche gemacht werden —
könnte schon manches zur freundlicheren, zur anheimelnderen Erfchei-
nung des Ganzen tun. Ist man doch auch in Architektenkreisen all-
mählich von der Verehrung des alleinseligmachenden Backfteins abge-
kommen, der keineswegs erhebliche Vorteile gegenüber dem Putzbau
bietet. Und solange die Ziegeleien bei ihrer bisherigen Praxis bleiben,
aus möglichfte Eintönigkeit in der Färbung des Steins hinzuarbeiten,
wird fich das Urteil über den Backsteinbau nicht ändern. Für ftreng
kriegsmäßige Gebäude innerhalb der Kafernen könnte der Backftein
ja immerhin bleiben als Betonung abweichender Bestimmung.^

And diefe Unterscheidung nach der Bestimmung der Räume
müßte innerhalb der Gebäude felbst wieder durchgeführt werden; vor
allem innerhalb der für die Anterbringung der Mannschasten vor-
gesehenen. Die Front einer Kaserne fieht meist so aus, als ob im
Innern lauter gleiche Stuben— besser Zellen — von gleicher Be-
schasfenheit lägen, schon das aber entspricht den Tatsachen nicht. Zu
den Mannschastsstuben kommt der Speisesaal, die Familienwohnung
des Feldwebels, die Kantine; an der einen Seite ist den Stuben
meist ein Korridor vorgelagert. Im obersten Obergeschoß kommt etwa
die „Kammer". Würden nur diese vier Raumarten auch äußerlich
unterschieden, so würde sich daraus schon ein wirkungsvolles Ganzes
machen lassen ohne Monotonie. Schon mit abweichender Anlage und
Gruppierung der Fenster ließe sich viel beleben. Der Feldwebel-
wohnung könnte man einen Austritt, einen Balkon geben. Der Speise-
saal könnte größere Fenster bekommen. Die Fensterkreuze könnten in
ihrem Anstrich zu der Farbe des Putzes gestimmt werden, der durch-
aus nicht immer weiß zu sein brauchte. Hier könnte srisch mit
krästigen Farben hineingegangen werden. Ilnd ähnlich bei der Farbe
der Treppengeländer, der Türen, dem Anstrich oder Putz der Wände in
den Korridoren, die jetzt alle unter der Grau- und Gelbsucht leiden, wo-
bei das Grau und das Gelb auch noch nichts weniger als schön gewählt
sind. Ahnliches gilt vom Innern der Stuben selbst; warum müssen
sie alle eintönig weiß sein? Warum müssen alle Spinde gleich ge«
färbt sein?

Es ist nicht notwendig, daß die Kasernen öde sind, und
es ist nicht zweckmäßig, daß sie es sind. Wir reden so viel vom
„srischen, sröhlichen Soldatsein", warum drücken wir das nicht in
den Kasernen aus, warum stärken wir es nicht, indem wir's aus-
drücken? Mannschaften und auch Ossiziere würden mit anderer Lust
und Liebe in Räumen arbeiten, die nicht wegen ihrer Häßlichkeit
sprichwörtlich geworden sind. Daß sie das sind, beweist, daß unser
Volk sie auch so empfindet.

* Die jetzt so „hochbeliebten" gelben Backstein-Bauten sollte man
aber wegen ihrer greulichen Mißfarbe auch hier vermeiden.

l. Aprilheft lstO?
 
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