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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,3.1909

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Heft 14 (2. Aprilheft 1909)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8816#0153
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Ernst halten, wenn man ihm treu-
herzigen Angesichts sagt: es sei so
gemeint. Schicken wir das dem
Manne in Blasewitz, schreiben wir
dazu irreführcnde Ieilen, und es
ist zu wetten: er fällt darauf rein."
Richtig geraten, das tat er auch.
Und er bekennt: Verehrliche Leser,
was ich vom „blühendcn Strumpfe"
erzählt habe, das war nicht selbst
aus einem Susclduselblättchen, das
war eine Satire gegen die Susel-
duselblättchen, verfaßt von Paul
Keller und erschienen im „Guck-
kasten" zu Brcslau. Aber: bei
dieser Gelegenheit hat eben Paul
Keller sich mir als Mitkämpfer in
gleicher Sache vorgestellt und mir
zuglcich die Bekanntschaft der „Tante
Eufemia" vermittelt, seiner „genialen
hauswirtschaftlichen Mitarbeiterin".
Und nun frage, ob ich jenen mich
irreführenden Schlingeln böse sein
darf, wer weitere „Guckkasten"-
Beiträge dcr Tante Eufemia ge-
lesen hat:

Was man mit abgebrochenen Vor-
hemdknöpfen macht?

Die Frage gibt mir Gelegenheit,
einc ernste Mahnung an alle echt
deutschen Hausfrauen zu richten.
Bei aller Schätzung des bewährten
Alten mußt dn, liebe junge Frau,
darauf bedacht sein, auch etwas
brauchbarcs Neues zu finden. Aus
dcn chrwürdigen Trümmern und
erhabcnen Ruinen der Vergangen-
heit baue du dir etwas Wert-
volles, Modernes.

Vorhemdknöpfe? Undzerbrochene?
„Weg damit", sagt manche lcicht-
sinnige Frau, die vom Ernste des
Lebens noch nicht geläutcrt worden
ist. „Wie kann ich sie praktisch
verwertcn?", denken audere, tiefere
Naturen, die ein feineres Empfin-
den für die Größe und Würde
ihres Verufes haben.

Denen will ich ein Wegweiser
sein.

Sobald meiu Blasius solche
Knöpfe zerbricht — wie oft kommt
das bei Männern vor! —, leime
ich die Teile zusammen und hebe
die Knöpfe auf, bis ich eine hin-
reichende Zahl von verschiedener
Farbe und Größe beieinander habe.
Aus einem schadhaften Oberhemd
schneide ich dann unter sorgfältig-
ster Schonung der Stickerei einen
Stern heraus, besteche den Rand,
bohre in origineller Zusammen-
stellung 2 Millimeter wcitc Löcher,
die ich mit Knopflochstich versehe,
stecke die Knöpfe in künstlerischer
Anordnung hindurch und bckomme
auf diese Weise einen allerliebsten
häuslichen Schmuck, den man auf
bunter Seidenunterlage als Aber-
zug für Paradekissen, als Wand-
schmuck unter Glas oder als Zier-
deckchen auf Tisch und Sessel ver-
wenden kann.

Meine unverheiratete Freuudin,
die schon vieles von mir gelernt
hat, war so vernarrt in die Arbeit,
daß sie augenblicklich für !.20 Mark
verschiedene Knöpfe kaufte, sie zer-
brach und zusammenleimte. Das
ging freilich etwas weit.
Abgetragene Herrenhiite

Eine äußerst praktische Verwen-
dung habe ich für abgetragene steife
Herrenhüte gefunden.

Man lasse den Hut elegant auf-
bügeln und den Rand abwärts
biegen, bis er auf einer ebenen
Untcrlage glatt aufliegt; ersctze das
schmale schwarze Band durch breites
farbiges und befestige daran im
Kreise hcrum künstliche, bei fest-
lichen Selegenheiten natürliche Blu-
men. Auf diese Weise stellt man
sich eine elegante KLseglocke her,
deren Originalität nicht verfehlen
wird, Aufsehen zu erregcn.

Für die Wahl der Blumen ist
natürlich die KLsesorte ausschlag-
gebend. Gewöhnlicher Ziegenkäse
verlangt Georginen, zu Noquefort

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