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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,3.1909

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Heft 15 (1. Maiheft 1909)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8816#0231
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Lebende Worte

jetzt ab auch als fertiges Flug-
blatt zu beziehen. fOO Exemplare
l,25 Mk., 500 Exemplare 5,25 Mk.
einschließlich Porto. Adresse für
Bestellungen dieses Flugblattes:
Dürerbund (Flugblatt gegeuSchund-
literatur), Dresden-Blasewitz.

Vom Kind und von uns

/^olauge der Mensch sich noch
>»^aus der Kuospc eutwickelt, leihet
er die Anendlichkeit, welche allein
ihn befricdigt und ausfüllt, dcu
fremden Gegenständen seines Ge-
nusses, an deren nahe Grenzen
ihn noch kein längeres Leben hin-
geführt; und gerade weil das Kind
nicht in die Zukunft sieht, geht es
über jede hinaus. Die ungemes-
sene Entzückung des Kindes übcr
das Christgeschenk kann kein Tisch
voll Kronen und Lorbeeren dem
Manne erstatten und wicdergeben;
so legt die Entzückung des Iüng-
lings über die ersten Wahrheitcn
uud Gedichte, odcr dessen Ent-
zückung über den ersten Ruhm,
oder dessen ganze trunkne Ansicht
der Zukunft, alle diese Frcuden
legen ihr Frührot ab, wenn die
Morgenwolken der Iugend die
Strahlen nicht mehr farbig bre-
chen, sondern wenn der scharfe,
heiße Tag der Iahre sie gibt:
kürzet das schöne hellduukle Kin-
dersein nicht durch voreiliges Hin-
einleuchten ab, sondern gönnet den
Freuden, dcren Erinncrungen das
Leben so schön erlcuchten, ein
langes Entstchen und Bestehen;
je länger der Morgentau in dcn

Blüten und Blumen hängenbleibt,
desto schöner wird nach dcn Wet-
terregeln der Tag; — und so sauge
kein vorzeitiger Strahl deu Tau-
schimmer aus dcu Menschen-Blu-
men.

Wenn dem Kinde — so wie

ihm sich alle sichtbaren Gegen-
stände an seinem kleinern Kör-
pcrmaß vcrgrößern — ebenso alle
Frcudenfeste ins Anüberschweng-
lichc auslaufen: so bedenke der

Vater, daß folglich dessen tzöllen-
fahrten ebenso viele Hölleu durch-
reisen, als seine Himmelfahrten
Himmel, und messe danach das

Fegfeucr der Strafe aus, damit

nicht die Rute dcm Kinde ein
Richtschwert wird, und das Zorn-
wort ein Donner.

W

So bcreitet dcnn, Eltcrn, zum
Danke für die Spätrosen, welche
eure Kindheit in eure Iahre wirft,
auch euern Kindern das Himmel-
reich ähnlicher Erinncrungen vor.
Kennst du denn die Krankenwochen,
die Regcnjahre, welche sie sich
einmal vielleicht durch den Blick
auf den blitzendcn Morgentau sou-
uiger Kindheit erhellen müssen? —
Kennst du die Träume, in welcheu
gcwöhnlich nur die Kiudhcit wie-
der spielt, und willst du die künf-
tigen Greiscnträume deines Kindes
wie ein Trauerzimmer schwarz
ausschlagen?

Iean Paul („Warum siud
keine frohcn Eriuuerungeu so schöu,
als die aus der Kindcrzeit?")

Unsre Bilder und Noten

Kunstwart hat im Laufe der Zeit schon einc hübsche Anzahl
^-H lvon Kinderbildern gebracht. Wir crinnern an den ganz
Defrcggerisch „modernen" Büblcinkopf von Cuhps (XII, (H), an
Zumbuschs Kiud mit dem Ball (XVI, (H), an Lh. Th. Heines farben-
fcincs ovales Kindcrbildnis (XVIII, 2(), an Millets Kiud vor der Tür

(90

Kunstwart XXII, (5
 
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