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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,1.1909

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1909)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8818#0028
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Lose Blätter

Fünf GedichLe von Alfred Vogel

Beethoven im Hades

H>er letzte blasse Schein starb auf der Flut,

^'Die schwer und schwarz und reglos glatt wie Stahl
Durch finstre Felsen kriecht zum weiteu Tal,

Bis stumm am öden Strand dcr Nachen ruht.

Sie landen. Einer doch hebt an zu geigcu.

Unsterblich loht im tzerzen ihm die Glut,

Und ihm erblaßte uicht die Fahrt das Blut.

Nun bricht scin leises Lied das ewige Schweigen.

Da ist's, als flösse Blut in starren Steinen.

Rings schwanken Schatten her mit tiefem Veben,

Und Lethes Zauber schmilzt in heißes Weineu.

Wovon sie sich erlöst: Schmerz, Liebe, wildes Streben,
Dem neuen Sinn will's höchste Wonne scheinen,

Und auf den Knien, schluchzend, segnen sie das Leben.

Traum

L*v>ich hebt es auf vom Lager sanft und sacht
<-^l-And schwebt mit mir hin in die blaue Nacht.
Mein Herz sitzt still — wie kam's aus seinem tzans? —
Auf meiner Brust, sieht wic ein Falke aus.

Die wilden Augen doch sind scheubefangen,

Noch weiß es nicht, was mit ihm vorgegangen.

Doch mich durchzuckt jetzt jählings ein Begreifcn,

Wie lautlos wir treppauf zur Höhe streifen:

„Im Lurm des Glückes trägt man mich empor.

Und morgen ist der Tag. . Da knarrt ein Tor:

Bei hohen Glocken bettet man uns nieder.

Ich träume hin, die Hand fühlt das Gefieder
Des Falken weich und warm. Ihn schläfert auch.
Zuzeiten weht ein Wind, ein stärkrer Hauch;

Dann rühren sich die erzgewaltgen Glocken.

Mein Falke schlägt die Flügel, heißdurchschrocken,

Und dämmert wieder hin. O süßes Bangen!

Ich fühle uur: „Wie nah die Glocken haugen —

Wenn sie ins Frührot morgen Donner schlagen,

Wie werd das ich, wie wird's mein Herz ertragen?"

Das Glücksbüblein

>om wüsten Sturz- und Trümmerfeld des Aufstiegs
^Nahm mich ein schmales Felsentor hinaus
Auf sanften Wiesenabhang überm Meer.

V!


Kunstwart XXIII, l
 
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