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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,2.1910

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Heft 8 (2. Januarheft 1910)
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Ullmann, Hermann: Ernst Moritz Arndt: 26. Dezember 1769 - 29. Januar 1860
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Berg, ...: Groß-Berlin: Gesichtspunkte für die Beurteilung des Wettbewerbs Groß-Berlin und seine Bedeutung für die Entwicklung des modernen Städtebaus überhaupt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0099
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drangvollen Zeit innerlichst durchlebt hatte, an das geschichtliche Leben
weiter. Er vollzieht die realistische Umformung der Idee. Und leitet
damit eine Entwicklung ein, die auch uns Heutigen noch unsre gröjzten
Aufgaben stellt. Hermann Ullmann

Groß-Berlin

Gesichtspunkte für dieBeurteilung desWettbewerbs Groß-Berlin und seine
Bedeutung für die Entwicklung des modernen Städtebaues überhaupt*

Aufgabe des Wettbewerbs

F—» »» Wettbewerb Groß-Berlin hat den Zweck, der Hauptstadt unsres
^.^HReiches mit ihren zahlreichen Vororten den Ausgangspunkt
^^einer einheitlichen städtebaulichen Entwicklung zu geben. Nicht
handelt es sich dabei um die Gewinnung eines brauchbaren, das heißt
in die Wirklichkeit umsetzbaren Bebauungsplanes. Abgesehen von
der Anmöglichkeit, bei dem außerordentlichen Umfang des Gebietes
in der zur Verfügung stehenden Zeit die hierfür erforderlichen Lokal-
studien zu machen, wäre auch grundsätzlich der Versuch zur Aufstellung
eines solchen Bebauungsplanes verfehlt. Man möge bedenken, wie
weit zurück vor zwanzig bis dreißig Iahren unser Städtebau gegen
heute war, und man wird einsehen, daß ein hente aufgestellter Be-
bauuugsplan nach weiteren zwanzig Iahren als vollkommen veraltet
beiseitegelegt werden muß. Man hätte nicht nur unnütze Arbeit ge--
leistet, man hätte auch, was schlimmer, der künftigen Entwicklung un-
überwindliche Hemmnisse in den Weg gelegt. Städte von dem Umfang,
wie sie der Bebauungsplan des Wettbewerbs vorsieht, sind noch
nicht da,- für sie werden sich Grundsätze in städtebaulicher Behand-
lung entwickeln, von denen unsre Zeit noch keine Ahnung haben kann.
Wir stehen erst am Anfang eines modernen Städtebaues.

Die Aufgabe des Wettbewerbs liegt vielmehr in zweierlei. Einer-
seits in der Gewinnung der Möglichkeit, auf einheitlicher Grund-
lage die Frage nach dem gegenwärtigen Stand unsres Städtebaues
zu behandeln, und anderseits, nicht minder wichtig, in der Gewinnung
von Ideen und Richtlinien, die einem gegen heute fortgeschrittenen, zu-
künftigen Städtebau in jeder Hinsicht freien Spielraum zur Ent-
wicklung lassen. Das gilt sowohl für den Bebauungsplan und die
Bauordnung, wie auch für die Fluchtliniengesetzgebung. Die Art
der Lösung in diesem Punkt darf von nicht geringem Einfluß auf die
Beurteilung sein. Abgesehen von der fortschreitenden Lntwicklung
unsrer Ansprüche in hygienischer und ästhetischer Beziehung: wer
vermag zu sagen, welche Rechte eine Zeit nach zwanzig bis dreißig
Iahren unsren Kindern und Enkeln über den Grund und Boden im
ösfentlichen Interesse nehmen und geben wird? Ob nicht Mittel
und Wege gefunden sein werden, die eine weit freiere Verfügung

* Der Verfasser der folgenden Ausführungen, die nns wegen ihrer Klar-
heit wie Großzügigkeit und ihrer Blicke über das Heute hinaus für die
Gebildeten ganz Deutschlands ganz besonders beachtenswert erscheinen,
ist kein „Außenseiter" in Großstadtfragen, denn er ist Baurat der zweit-
größten preußischen Stadt, Breslaus. Kw.-L.

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Kuustwart XXIII, 8
 
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