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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,3.1910

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Heft 13 (1. Aprilheft 1910)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9021#0068
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lich macht, das ist: ihm kommt
diese Flottheit seines Strichs durch-
aus nicht nur aus dem tzand-
gelenk, sie ist bei ihm nicht etwa
bloß virtuose Manier —, sie wirkt
wie der natürliche Ausfluß einer
unbändigen Kreuzvergnügtheit.
Freilich, Klehs „Stoffe" tun auch
viel zur allgemeinen Fidelität
seiner Kunst; es geht einem mit
ihnen wie dem berühmt gewordenen
Bnrschen vom Lande im Zoologi-
schen: auch die Liere, die in diesem
Garten hier sind, die gibt es ja
gar nicht. NLmlich: seine Stoffe
sind eigentlich keine. Es ist alles
Luft, Einfall, Iux. Aber Einfall
nnd Iux sind bei Kley fast aus-
nahmelos aus einer drolligen An-
schanung geboren — die war
das Primäre, nicht der Witz. Es
gibt Leute, die Kley unanständig
finden — wem irgend etwas
Menschliches fremd ist, der bleibe
auch ja diescm Skizzenbuche fern:
er wirtschaftet insbesondre mit dem
Nackten so nnbekümmert, wie einer
nur unbekümmert sein kann. Un°
bekümmert, sag ich — nicht frivol;
von einer Spekulation auf Lüstcrn-
heit nsw. habe ich bei Kleh nicht
die kleinste Spur gefunden, ihm
ist das Vergnügen am Nackten das
Natürlichste von der Welt, es ist
ihm nichts Besondcres, er lebt mit
ihm auf Du und Du. Deshalb
wird, wer als Künstler oder sonst-
wie mit dem Nackten vertraut ist,
bei Kleys derber Lust am Men-
schen-und Tierleib nirgendwo durch
Unkünstlerisches und Unsittliches in
diesem Skizzenbuch verletzt werden.
Kley ist noch jung — hält er, was
er verspricht, so werden sehr viele
Grund haben, darüber so fidel zu
sein, wie er's als Zeichner schon
jetzt ist. Wir haben nach Buschs,
Engels, Rezniceks, R. Wilkes Lode
und Bruno Pauls Äbergang zu den
Möbelmännern nur sehr wenige

Zeichner-Humoristen von gleich ge°
sundem und sprudelndem Lalent an
der Arbeit. A

Zurylose Ausstellungen

ine neue Künstlervereinigung,
die sich in München gebildet hat,
will unser Ausstellungswesen refor»
mieren. „Wir ziehen zu Feld gegen
die Iury, eine Institution, die sich
überlebt hat, die die Kunst in
Schablonen zwängt, das Ärteil der
Sffentlichkeit fälscht nnd in dem
Fortschreiten zur geistigen Freiheit
ebenso sicher verschwinden wird, wie
die gewerblichen Zwangs- und
Bannrechte und die zunftmäßige
Beschränkung von Industrie und
Handwerk." So heißt es in einer
Erklärung des „Deutschen Künstler-
verbandes", und es wird hinzu-
gefügt, daß eine notwendige Folge
ihres Prinzips der Verzicht auf den
dekorativen Charakter Ler Ausstel-
lungen sei. Die Bilder müßten aus
praktischen Gründen enger gehängt
wcrden, und sie müßten mit Rück-
sicht auf ihre geistigen Beziehun-
gen angeordnet werden. „Vor dem
geistigen Moment der Kunst muß
das rein dekorative zurücktreten."

Unter Befolgung dieser Grund-
sätze hat der Verband seine erste
Ausstellung in den Räumen des
Münchner Kunstvcreins abgehal-
ten. Sie war interessant, denn man
sah in der Tat manches, was man
auf offiziellen Ausstellungen nicht
zu sehen bekommen hätte. Sah, wie
es untcr der Oberfläche gärt! Aber
ich glaube, daß diese Veranstaltung
intcressanter für den kritischen Be°
obachter war als für das genießende
Publikum. Denn vielen der Bil-
der fehlte die Schönheit der Neife,
und auch die bekannteren Künst-
ler, wie Trübner, Palmiä, Püttner,
Feldbauer, Frobenius, Schlittgen
waren nicht mit ihren besten Ar°
beiten vertreten.

5H Kunstwart XXIII, s3
 
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