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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 13 (1. Aprilheft 1911)
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Marsop, Paul: Die Erneuerung der Opernregie
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0026
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stattungsbrimborrum gegeuüber wieder in die herrscheude Stellung
einzusetzeu. Wie der Spielleiter oder regieführende Kapellmeister dem
mit der Obergewalt betrauten Musiker, so sollen die Techniker sowie
die in den Kulissen- und Kostümsparten beschäftigteu Künstler dem
Regisseur untergeordnet sein. Setzen wir diese „natürliche Ordnung
der Dinge" nicht durch, dann wird ein nicht geringer Teil der Reform-
arbeit Wagners im Sande versickern.

Wie in einer Epoche sonderlich geschwinden geistigen Vorwärts-
dringens und Eroberns gar viele in mannigfachen Berufen Stehende
mit einer starken Ausdehnung ihrer Tätigkeit zu rechnen genötigt
sind, so bleibt es auch den Theaterkapellmeistern nicht erspart, ihr
Hirn und ihren Horizont auszuweiten. Am raschesteu wird sich der
Umwandlungsprozeß voraussichtlich in den Stadttheatern vollziehen.
Dann zunächst bei den kleinen, und am spätesten bei den großen
Hofbühnen. Oder vielmehr: bei den letzteren dürfte er mit der gleicher-
weise in der Entwicklungsbahn liegenden Umwandlung der Hoftheater
in Staats- oder städtische Bühnen zusammenfallen. Glücklich dann die
Zeit, iu der es uicht mehr möglich sein wird, daß ein deutscher Inten-
dant als blutiger Dilettant französischen oder italienischen Tonsetzern
vor deutschen gewohnheitsmäßig den Vorzug gibt, über den Kopf
hochangesehener Musiker hinweg Engagements abschließt und Rollen
besetzt, und in der weihevollsteu Szene der „Meistersinger", während
des Wahnmonologes, zur „Belebuug des Interesses" einige mit Ge-
müsekörben beladene Marktweiber an dem weit geöffneten Feuster der
Schusterstube vorüberjagt. Paul Marsop

Aus Dichtungen vom hohen Norden

sVon einem berühmten Erderforscher wird erzählt, daß ihn von ziem-
lich früher Iugend an ein weißer Fleck auf der Landkarte der britischen
Admiralität im Geiste verfolgt habe, so lange, bis er als erwachsener
Mann die dadurch als „unerforscht" gekennzeichnete Gegend bercist und
völlig beschricben hatte. Für wissensdurstige Leser gab es in den dichte-
rischen Wcrken dcr großcn Skandinavier sozusagcn wciße Flecke, die
nicht völlig mit lebendigen Vorstellungen ausgefüllt waren und das
eigentliche Nordland bezeichncten. In Björnsons, Ibsens, Hamsuns und
mancher andrer Dichter Schaffen spukten und düsterten die Geheimnisse
des hohen Nordens hinein; von cndlosen Nächten und verquälter Be-
drücktheit, von seltsamem, kleinem Volk, abergläubischem und leiden-
schaftlichem Leben gab es da Andeutungen, von heimlicher Stille am
Vögelberg, von Nordlicht und Mitternachtsonne. Aber immer nur
episodisch, als Stimmungfaktor oder als huschendes Seitenlicht spielte
dies mit hinein und reizte, von Finnen und Lappen und ihrem Lebcn
an Schneebergen und Wasserfällen mehr und tiefer Geschürftes zu er-
fahren. Solcher Begierde ist nun durch die Äbersetzung einiger Vücher
ins Deutschc Erfüllung geworden. Denn es ist den nordischen Poeten
gegangen, wie es immer im Geistesleben zu gehen Pflegt: der erwachende
Geist wendet sich zunächst umfassenden Menschheitfragen, riesenhaften

i- Aprilheft M
 
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