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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 13 (1. Aprilheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0063
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führte zu einer Art von Architek-
tur, die zunächst nur durch ihre
plastische Erscheiuung iru Raume
als Deukmal wirkt. So der von
den Münchnern Kurz und Bleeker
geschaffene Peripteros mit doppel-
ter Säulenstellung, in dessen Rund
eine große Feuerschale steht. Der
mit dem zweiten Preis ausgezeich-
nete Entwurf von Brantzky (Köln)
zeigt eine massive Anlage nach
Art alter Bergbesestigungen, deren
Rund den Berg mit einer überaus
kühn gedachten Silhouette bekrönt.
Der andere Preisträger, Architekt
Alfred Fischer (Düsscldorf), hat einen
etwas sanfteren Abergang zwischen
Architektur und Natur in der Art
einer Terrasse vorgesehen. Er legt
das Hauptgewicht aber nicht auf
diesen äußeren Punkt, sondcrn auf
die Gestaltung dcs Plateaus oben:
er schuf einen schön gegliederten
Festplatz, der zum Tempelchen
führt.

Andre Künstler gingen von der
Gestaltung des Innenraums, von
dem Gedanken einer Ehrenhalle,
einer Weihestätte aus. Ihre Ent-
würfe zeigen fast durchwegs zen-
trale Anlagen mit einer hohen
und weiten Halle im Mittelpunkt,
die als Versammlungsstätte gedacht
ist. Riemerschmid, München, schuf
einen tempelartigen Raum, der
im Innern mit Malereien ge-
schmückt ist, ebenso Bieber und
Klemm, München, und Wrba und
Gußmann, Dresden. Wilhelm Kreis,
Düsseldorf, gestaltet dcn Raum
architektonisch; den Mittelpunkt
der Ehrenhalle bildet eine monu-
mentale Plastik, dieVismarckgestalt.
Eine Gefahr besteht vielleicht in
dem Auswachsen dieser Kultidee
zur Idee einer Tempelkunst mit
Aberschwenglichkeiten und künstle-
rischen Superlativen.

Gerade dieser Wettbewerb hat
erwiesen, daß Denkmal und Tem-

pel unter ganz verschiedenen Vor»
aussetzungen stehn. Ein National-
denkmal, das an keincn geschicht-
lichen Ort gebunden ist und keiner-
lei Reliquien beherbergt, soll kein
Tempel, sondern nur „Denkmal"
sein. Das Thema „Aational-
denkmal" ist in allen möglichen
Formen behandelt worden, zumeist
mit recht deutlichen Anklängen an
alte Vorbilder. Wo sich Neues
hervorwagte, waren es mehr Phan-
tasien als Ideen, mehr Stimmun-
gen als Gestaltungen, mehr Bil-
der als Formen.

Das zeigt dieser Wettbewerb
klar: unsre junge Kunst strebt
zur monumentalen Gestaltung,
und die Architektur ist berufen, den
neuen Thpus des Denkmals vor-
zubereiten. Ich glanbe, daß dieser
Typus auch die Natur, die
Vegetation, die Landschaft zum
Ausdruck des Gewollten stark mit
heranziehen wird. Der für das
Bismarck-Denkmal ausersehenePlatz
verlangt geradezu danach. Es
muß ein „Innen- und Außen-
denkmal" werden, auch das ist klar.
Ein Denkmal mit einer Samm-
lungs- und Andachtsstätte im
Innern. Ein Denkmal, das weit-
hin über die Landschaft thront.
And ein Denkmal, mit dem in
Einhcit zusammenwirkt das deutsche
Land selbst, in dessen Schuh und
Einigung das Werk dcs Manncs
bestand, dem es gilt.

A. Heilmeyer

Eduard von Gebhardts
religiöse Verkündigung

<^ch hasse den religiösen Diskus-
O sionsabend mit diesen abspannen-
den Reden, wo der Geist weit weg
ist von der Größe der Anschauung,
die der Mund berührt, wo oft sogar
Amtsüberzeugung und Espritbe-
dürfnis der Worte Erzeuger sind.
Ist aber nicht das meiste, was heute

-(3 Kunstwart XXIV, (2
 
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