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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,2.1912

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Heft 8 (2. Januarheft 1912)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9026#0125
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Lose Blätter

Von Friedrich dem Großen und über ihn

Vriedrichs Persönlichkeit aus einer gedrängten Sammlung von
Selbstzeugnissen und Rrteilen über ihn möglichst lebendig zu machen: nach
dieser Aufgabe richtete sich diesmal Answahl wie Anordnung unsrer
Losen Blätter. Wir suchten die Worte und Augenblicke aus Friedrichs
Leben nicht so sehr nach ihrer historischen Bedeutsamkeit heraus, griffen
auch nicht vorzugsweise nach dem im engern Sinne biographisch Wich-
tigen, nein, auf solche Kundgebungsn sahen wir's ab, die den beständigen,
tapferen und wortkargen Kampf in seinem Innern beleuchteten, die starken
Gegensätze darin und ihre oft tragische, mitunter auch ihre humorvolle
Versöhnung. Die in diesem Sinne bedeutendsten sind dem Augenblick ent-
wachsen, der unmittelbaren Wechselwirkung mit den Amständen und Men-
schen. Daher sind auch Briefe von ihm gleich wertvoll wie amtliche Ver-
fügungen: in allem lebt er, als einheitliche Persönlichkeit, die doch er-
staunlich sich anzupassen, zu wandeln, der Wirklichkeit sich ebenso anzu-
schmiegen wie sie zu meistern weiß. Ieder seiner Briefempfänger wird
in einer andern Sprache angeredet. Der weichliche und geistvolle Genosse
der so lange und so schmerzlich entbehrten Tafelrunde, der Marquis
d'Argens, erhält die reizendsten Spott- und Plauderbriefe, in denen
sich zugleich eine fast rührende freundschaftliche Fürsorge gelegentlich ver-
birgt. Dem Beherrscher der Geisteswelt, in die Friedrich als junger Prinz
so leidenschaftlich Lintritt begehrte, dem Verwalter des Nachruhms, Vol-
taire, werden sorgfältig und mit gepflegter Grazie Anerkennungen, Lobes-
erhebungen nnd königliche Zurechtweisungen zugemessen: nie aber wird
ihm, dem anerkannten König in einem andern Reich, Einblick gegönnt
in die innersten Kämpfe des mit dem Vater verfeindeten Sohnes, des
Königs, der soviel entbehren muß nm seines Berufes willen. Bis zur
völligen Preisgabe dagegen offenbart sich das Herz des unglücklich Ringen-
den, von Feinden Umstellten in den Briefen an die geliebte Schwe-
ster, die Markgräfin von Bayreuth, und eine wahrhaft königliche
Verschlossenheit wiederum, die nur das Beste einer großen Natur, das
aber freudig und mit Liebe darbietet, zeigen die Schriststücke, die an
seine Heerführer und Beamten, an den Staat nnd die Nntertanen ge-
richtet sind. — An die Kraft dieser Selbstoffenbarungen, die freilich erst
im Zusammenhange mit dem gewaltigen äußeren Leben, mit den Schlach-
ten und organisatorischen Taten völlig lebendig werden, reicht dann
wenig von dem heran, was Friedrichs Gegenwart oder die bald drastische,
bald mythische Erinnerung an ihn bei den Zeitgenossen und den Erben
seiner Wirksamkeit zur Niederschrift gebracht hat. Hier stehn natürlich
Goethes Worte voran; er ist dem König wohl am frühesten und zugleich
am tiefsten gerecht geworden, trotzdem er selbst von ihm nicht verstanden
und kaum gekannt war. Die Auswahl aus den übrigen Schriftstellern
will auch in erster Reihe zeigen, wie sich Friedrichs Innenleben, sein Ver-
hältnis zur Welt und zu sich selbst, in andern Persönlichkeiten gespiegelt hat.

Als Quellen sür eine Auswahl aus Friedrichs des Großen eignen
Schriften und Briefen kommt zuerst die Ausgabe der Kgl. Preußischen

2. Ianuarheft l9l2 9^
 
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