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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 7 (Aprilheft 1927)
DOI Artikel:
Rinn, Hermann: Über die kulturelle Bedeutung der Zeitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0029

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verruchte Vcrderbtheit schon alles geleistet zu habeu. Oder aber man rückt ihr
mik Besserungs- und Reformvorschlägen zu Leibe, gegen die sie sich immer noch,
gesiüht aus das Einversiändnis der lesenden Massen, mühelos behauptet haL.

Zu Beginn der NeuzeiL enLsianden, dienie dic ZeiLung dem geschästlichen Jnter-
esse von KaufleuLen, die sich über die wichkigsien Ereignisse rasch und zuver-
lässig unLerrichten wollten. MiL dieser „lbkachrichLen"-Zeiiung wurde die glei-
cherweise aus bescheidcnen, selbsiändigen Ansängen erwachsene „Anzeigen-Zei-
Lung" uach und nach vereinigL.

Bon dem engen ZnteressenLenkreis aus hat die Presse sich langsam die Allge-
meinheit erobert und sich als unentbehrliches HilssmiLLel erwiesen, je mehr sich
der Einzelne, einem immer schwieriger beherrschbaren und übersehbaren Ganzen
gegenüber, isolierL und in seiner wirtschastlichen Exisienz bedrohL sand. Die
Jndusirialisierung und KapiLalisierung der ZeiLung beginnL in den achkziger
Jahren, nachdem bereits um die MiLLe des JahrhunderLs ihre PoliLisierung
sich durchgesetzk haLLe, d. h. ihre AusnuHung für die Propagierung politischer
Jdeen. Die Ansänge reichen auch hier sehr weit in die GeschichLe des ZeiLungs-
wesens zurück (1660 gibt es schon eine politische TageszeiLung!), nur daß sich
diese Vorläuser auf eine rein orientierende, sachliche BerichkersiaLLung beschrän-
ken. Als driLLer BesiandLeil der modernen Presse wäre endlich das LiLerarisch-
Kritische, llnterhaltende und Bildende zu nennen, dessen Ahnen im 18. Jahr-
hundert zu suchen sind, der dann aber von popularisierenden Tendenzen der
Romantik und vom Jungen Deutschland mächkig gefördert wurde.

I.

llnter den GegenwarLstypen sieht am nächsien der ursprünglichen Bestimmung,
allerdings mik dem wesentlichen IlnLerschied: Selbsizweck zu sein, die GeschäfLs-
Zeitung. Als selbsiändiges ErwerbsunLernehmen bauL sie auf den durch das
Anzeigen(ZnseraLen)geschäfL erzielbaren Einkünften aus und liegL zunächst in
den Händen einzelner llnkernehmer. Die primäre AbsichL ist eine verlegerische,
geschäskliche und kann eine privakkapitalisiische sein. Daß es sich bei diesem
Typ siakk um Schuhnägel um eine geisiige Ware handelk, verschlägk nichks, so
wenig wie bei der sabrikmäßigen Hersiellung und Massenverbreitung der
Schundlikerakur, der Magazine und illusirierten Iournale.

Jhm „verdankL" die Presse den Ausbau des ausgezeichnet organisierten und räk-
selhask schnell sunkkionierenden lllachrichkendiensies, das NeH der KolporLage,
die siauncnswerke LcisiungsfähigkeiL, die Billigkeik der Bezugspreise. Mögen
die AnbeLer der Miikel, des segensreichen ForLschriLLs und des Technizismus
in dicsen QuanLiLäksleisiungen eine kulkurelle Tak erblicken! Zur Ideologie gerade
dieser Presse gehörk nichk nur „ObjekLiviLäL", sondern vor allem auch „Dienst
an der KulLur". Indes isi „KulLurpropaganda", wie man gerne sagL, nur
ein Aushängeschild von bewährker ZugkrasL für jenen uLilikarischen Egois-
mus, dem die geisiigen Bedürfnisse nur soweit gelken, als sie sür größkmög-
lichen makeriellen Gewinn auszunüHen sind.

Die Wendung zum HochkapiLalismus setzk ein, wenn die Zeikung an Kon-
zerne übergehk, für die sie nichk mehr Selbsizweck zu sein braucht, sondern
den „höheren Zwecken" kapikalisiischer Gruppen unLersiehk. Damit gelangt
jene brutale GewalL des, anonymen, Kapikals zur Herrschask, dem es nur mehr

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