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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 7 (Aprilheft 1927)
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Rinn, Hermann: Über die kulturelle Bedeutung der Zeitung
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Gregori, Ferdinand: Goethe und das Theater
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0034

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machen; sei es, daß in unserm Bildungswesen Führer erwachsen, die gerade
das in der Zeitung bereitliegende, unerschöpslich reiche Makerial der geisligen
Derlebendigung und BewälLigung znleiten und sich die Erziehung zum kriLi -
schen Lesen und Beurkeilen der Presse angelegen sein lassen. Diese Aufgabe
liegk im Bereich des Möglichen und ist nicht mehr länger aufzuschieben. Der
krikische Zeikungsleser wird nichk nur den demagogischen Bersührungskünsten
widerstehen, er wird allmählich lernen, aus dem verengken und verzwängken,
verarmken und veräußerlichken Scheinleben zu den Ilrsprüngen sich zu besreien.

Goethe und das Theater

Von Ferdinand Gregori

l^H^as die Literakurgeschichke nur sehr zögernd zugab und der Bühnenmensch
^-"^-^(auch Eduard Devrienk) schon lange mukmaßke, wird durch die von
Eduard von Bamberg herausgegebenen und dokumenkarisch ergänzken „Erin-
nerungen der Karoline Zageiiiann" (Sibyllen-Berlag, Dresden) in ungebro-
chenes Lichk gerückk: daß nämlich Goekhe der Theakerdirekkor nichk nur vor
dem „Hund des Aubry" von seinem Amke zurückkrak (nachdem er allerdings
vergeblich diesem Skücke den Weg zum weimarischen Hofkheaker hakke ver-
sperren wollen), daß ihn ebensowenig die „inkriganke Geliebke seines Herzogs"
von diesem kleinen Neben-Throne stürzke, sondern weil er längst dieses Amkes
müde geworden und eigenklich niemals ein Theakerleiker von echkem Schrok
und Korn gewesen war, ganze, lange 26 Zahre hindurch. Zwar sühlke er
sich gekränkk, als er 1817 seinen Abschied nahm und bekam, aber das war
doch nur wie ein Schakken, der an seinem großen Leben vorbeihuschke; seiner
Persönlichkeik, die über die Zeik hinansgrisf, blies es kein Skänbchen auss
Gewand.

Er mußke sich ja sagen, er habe ekwas mehr Rücksichk vcrdienk. Denn alö er
1791 das Theaker übernahm, war es nichk viel mehr als ein unruhiges Zigeu-
nerlager, das von Monak zu Monak den Ork wechselke und im Personal
wenig Beständigkeik aufwies, wenn auch ab und zu künstlerische Begabungen
auskauchken. llnd jeHL — 1817 — sprach man vom weimarischen Theaker
in ganz Deukschland mik Achknng, manchmal mik Ehrsnrchk. Jssland spielke
hier gern, wenn er sich von Berlin einmal losmachen konnke, und Berlin
wiederum holke sich das Ehepaar Wolss, das Goekhe seine einzigen Schauspiel-
schüler nannke, von Weimar her und ließ Karoline Jagemann als Gast aus-
kreken. Goekhe hakke Ordnung gemachk und sogar die Technik der Schauspiel-
kunst in „Regeln" gebrachk, die sreilich ekwas handwerklich anmuken (häkke
jemand damals die Dichkkunst in ähnlicher Ark „geregelk", so würde sich
Goethe selbst kaum danach gerichkek haben); junge, unbekannke Dramakiker wie
Heinrich von Kleist und die beiden Schlegel waren zum Worke gekommen,
allerdings ohne rechkes Glück, und die Jahre 1796—1805, in denen Schiller
seinen anseuernden Einsluß übke, konnken gar als Glanzzeik gelken. Hakke nichk
auch die lesende Welk ersahren, wie nahe ihm das Theaker stand: die Elegie
aus die jung verstorbene Schauspielerin Christiane Becker, die Corona Schröker
gewidmeken Verse und vor allem „Auf Miedings Tod" klangen wie aus der
Tiefe des schauspielerischcn Gekriebes herauf.

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