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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 9 (Juniheft 1927)
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Trentini, Albert: Zwischenspiel
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0191

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deutigere Fanfare van eifrigstem und gerechkestem Gottesdienste, flog sein „Ki-
keriki" über die Welk hin und strich sie, daß sie im Nu aufglitzerke krunken
vor Freude, mik einem Gold au, das selbst die Sonne nichk besaß, und rist
spielend die Höhen des Himmels auseinander und drang kinderleichk in die Keller
der Erde hinab; allmächttg hinauf und hinab wie Gottes eigenste Slimme.

MiL welch lächerlich wunschlosem EnLzücken ich dies Zeichen verstand, ist nichL
zu befchrciben. MiL hurLigen 2lugen, durch nichLs als immer noch neue und
immer noch fanattfcher überzeugLe „Kikerikis" hindurch, suchLe ich nach dem
Hahne. Vergeblich! NrchL einmal den Misthaufen fand ich, von dem aus er
predigke. Gleichviel! „Gebenedeikes Tier!" sprang ich leichk wie eine Feder
empor, der Hahn fchwieg soeben, wahrfcheinlich LraL er eine seiner Hennen jetzk
oder raufke mik seinem Rivalen, „gebenedeikes Tier du, das dem Laubgeworde-
nen Menfchen verkündek, wie..."

„Nein!" fchlug ich mir gerade noch rechLzeittg die Hand auf den Mund.
„Ietzk fchweige, und gehe!"

Und ging.

Als ich in die Skadk zurückkam, war es fast fchon MikLag. Ich lief die Trep-
pcn empor und setzke mich, ohne eine Sekunde zu verlieren, an meine ArbeiL.
Es war cine unangcnehme, in jedem BcLrachL zuwidere Arbeik. Noch dazu, und
dies hebe ich besonders hervor, eine völlig unbedeukende, wahrfcheinlich sogar
ohnegleichen wcrklose Arbeik. Aber — meine Arbeik! Die einzige, die ich Lun
kann! Nvch weniger aber darf ich verhehlen, daß es nichk im geringsten ekwa
mein Verdienst gewescn ist, daß ich den Hahn verstand, fchon ehe er mich an
diescni göttlichen Morgcn bestäkigLe. Das war vielmehr, ja, ohne Zweifel,
so cttvas wie Gnade; oder ekwas sehr Ahnliches!

Lose BlätLer

Rudolf G. Binding: Der Wingult

(H"ur wem'ge haben die wahrhafk wüste und ungeheuerliche Gestalk des Win-
^ ^ gulL erlebL, die im ersten Iähre des großen Krieges erfchien und in einem
ungefchlachken Heldcnkum von kurzer Dauer und kaum erkennbarer Deukung
an den Augen der Menfchen vorüberzog. Wie aus urfernen und nrersten
Zeiken flammend ging dcr WingulL seinen Weg. Er glich den alken sagenhafken
Männern und Helden, denen nngeheure KörperkräfLe zur Erfüllung riesen-
hafkcr Taken zu GeboLe stehen, und andere Zei'ken häLLen leichk cinen MyLhos
aus scinem Tun gemachk, bei welchem er, die Menfchen, denen er gedienk, ver-
lassend, zu den GöLLern hinüberging.

Als gcgen Ende der ersten großen Kriegsbewegnngen die Heere in zwei unend-
lich langen FronLen sich aneinander keilLen, in Erde und Fels einwühlLen und
monakclang um dcn Besitz cines fußbreiken Fctzens Land oder eines Hügels,
staLL um die EnLfcheidung kämpfLen, kam mik einem kleinen Trupp von Ersatz-
niannfchafken für cine dcukfche Dragonerfchwadron ein ausfälliger Kerl in einem
französifchcn Dorf an, sein Pferd am Zügel führend wie die andern. Sie
waren in gehöriger Enkfernung von der FronL ausgeladen worden und hatken
einen erhcblichen Marfch hinker sich. Der RikLmeister, dcr seine Schwadron
 
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