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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 10 (Juliheft 1927)
DOI Artikel:
Heilbrunn, Ernst: Das Gedichtwerk Ernst Bertrams
DOI Artikel:
Fischer, Eugen Kurt: Drama und Bühne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0270

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Wir habcn bci unserer KriLik vcrsuchk, dcn Maßsiab des über die Zeiten Gülti-
gcn anzulcgcn. Gerade wcil BerLram cin künsilerisch höchsi ehrsurchi- und
bewundcrungsgebieiendes Wcrben um das Erhabensie darsielli, war auch cin
absoluier Maßstab dcr Bcurieilung gesorderi.

Drama und Bühne

Von Eugen Kuri Fischer

as Drama isi für die Bühne, die Bühne für das Drama da. Was

^^brauchi cs da noch ciner Erörierung ihres Zusammenhanges? Zu manchen
Zeiken, in dcr Aniike, im Miikelalker, ieilweise noch bei Shakespeare und
dann wiedcr im Wicner Volksiheaier war das Drama aus der Bühne und
ihrcn Lebensbedingungen hcrausgewachsen und besaß außerhalb der Szenc
keinc Bcdcuiung, kcin Leben. Sophokles wurde gespieli, uichk gelesen, Shake-
spcare genoß mau als Szeniker, nichi als Dramenschreiber.

Dic Einhcii von Drama und Bühne sinden wir überall dori, wo noch einc
Volksgemcinschasi vorhanden ist, wo sich keine Gebildeienschichi von der
bloßen Masse abhebi. Das Drama ist dann nichk die szenische Vergegenständ-
lichung gcisiigcr Probleme, sondcrn die Spiegelung beobachieien Lebens in
mchr oder minder primiiiver, spaßhasi enksiellender oder lehrhask uniersirei-
chcndcr Form. Das Theaicr Shakespeares war schou keiu reines Volksiheaier
mchr, sondcrn in dcr Haupisache cine höfische Angelegenheii, aber der Dich-
ter, dcr zugleich Schauspicler war, hai cs vcrsianden, die obere und die
im.icrc Schichi scines Volkes auf der Bühne in lebendige Beziehungen zuein-
andcr zu sehen und hicr die Sprache der vornehmen Bildung, ;a ofk der
Gelehrsamkeii, dork den Iargon der kleinen Lcuie zu sprechcn, hier das ab-
gclciieie Erlebnis naiurfremder Hoffchranzcn und Akicnfchreibcr, dori die 2lll-
kagsgcfchicke der Bedienicn, Spießbürger und Bauern vorzuführen, nnd
zwar so, daß sich die beideu Welicn dauernd ergänzcn und gegenseiiig be-
dingen. Kcine Siandesproblemaiik fülli seine Dramen, keine Psychologie
des I'niellekies iuk noi zum Verständnis des Handlungskerns. Immer gehi
es um die Ganzhcii des Lebens mik sciner immancnien Tragik und Komik,
immcr um allgemcin Menschliches.

Mindcr starke und bühnenfremdere Dramaiiker des clisabekhinifchcn Zeik-
aliers zeigen fchon viel deuilicher die Gefahr cincr Spczialisierung innerhalb
des Dramas. Dic Humanisien irageu mancherlci Bildungsgui ins Drama
hincin, der Gedanke, nichi die lebendige Akiion isi Ausgangs- und Endpunki
ihrcs Schaffens. Während sie schreiben, sehcn sie nichi die Schauspiclcr
auf der Szenc vor sich, sie deuken auch nichi an die Übersehbarkeii ihrer Pcrio-
dcu in sichibare Haudlung, die sich durch Bewegung im Raume und durch
Gebärde ausdrückt, sie sind mii einem Wori bühncnfremd.

Seii dcm Humanismus kranki das Drama an der Vorherrschafi des gefchric-
bencn Worics. Der Schrifksiellcr, in selkenen Fällen der Dichier, arbeiiei eiu
Buch iu Dialogform aus, das scincn Aufbau nichi aus der Beobachkung
der Wirklichkeii und ihrcr möglichcn ÜberscHung in Bühncnwirklichkeii ge-
winni, sondcrn aus veralieien Poeiiken aniiker Schrifisieller und Astheiiker,
dic für ein ganz andcrs gcarieics Thcaicr Regeln auffiellien.
 
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