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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 11 (Augustheft 1927)
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Grunsky, Karl: Über den musikalischen Rhythmus
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Groener, Maria: Schopenhauer der Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0341

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Bach-Kenner die ArL des RhyLhmus, wie ihn BeeLhovenscher Aufriß zeigL,
wenig schäHen, weil sie ihn so empsinden, als zerklüfLe er die SLimmen. Aber
man kut guL daran, die Musik als ekwas EinheiLliches zu erfassen, und dazu
isi nökig, daß man sich gegen keine überragende Erscheinung dauernd abblende-
Zwei- und DreiLeilung liegk den kleinsken wie den größken musikalischen Wahr-
nehmungen zugrunde. Wie sich im einzelnen die Takklehre und die Formen-
lehre ausbauen, das gehörk in andern, eigenen Zusammenhang. Wir möchLen
hier nur noch anregen, gerade die großen Formen, nichk bloß das Lied, mitkels jener
Ordnungen zu begreifen. Wer sich hierin ekwas übk, wird auch verstehen, welche
Wohlkat darin liegk, daß wir nichk über die Zwei und Drei hinauskommen.

So sehr wir nun auch Werk daraus legen, daß eine innere unwandelbare An-
schauung die beiden Maße des Geraden und Ungeraden vorschreibk, so wollen
wir damik nichk sagen, daß der Rhykhnms aus halbbewußkes Zählen eingeengk
sein solle. Die beiden Reihen sehen sich, seelisch ausgeprägk, in ekwas um, was
man der Zahl gegenüber als Beschassenheit oder als Bewegung empfindet.
Von einem Gliede der Entsprechung zum andern leitek eine lebendige Spann-
krafL, und wo eine driLLe Welle anhebk, sühlen wir sie als Abschluß, als Skei-
gerung in einer Weise, die über das bloße Abzählen gleichgearteker, gleichgül-
Liger ZahlenwerLe weit hinaussührt. Das mannigsaltigste Leben birgt sich
in Anwendung der beiden Grundrhythmen. RkamenLlich weisen wir noch auf
die KräsLe hin, die in der Wiederholung ein und desselben Motivs beschlossen
scin können. Beethoven, Wagner, Bruckner machen von solchen elementaren
KrasLsteigerungen besonnenen und wirksamen Gebrauch. Aus den ersten Blick
sieht das Wiederholen kleiner oder kleinster Teile harmlos, ja ärmlich aus, als
siele dem Tonschöpser nichts Rkeues ein. Wer aber die Wirkung in sich er-
lebt, der wird inne, wie bedachtsam dieses Mittel ausgenüHL ist. Es gleicht
keiner Summierung, sondern, um beim Mathematischen zu bleiben, einer Po-
Lenzierung. Das gesprochene WorL bietet keinen rechten Bergleich: denn vier-
oder achtmal dasselbe zu sagen, sällt niemandem ein. Es zeigt sich schon am
Rhythmus, daß die Tonsprache andere GeseHe hat als die WorLsprache.

Da das musikalische Geschehen als solches sreiesten Spielraum hat, kann es
sich durch die Wahrnehmung der beiden einzig möglichen Grundreihen in keiner
Weise beengt sühlen. Sie brauchen nicht immer bejahk zu werden. Die Syn-
kope gestaLLet ja, jede erwartete BeLonung zu verneinen. Der UnterLeilungen
und ZusammenseHungen aber sind es so viele, daß schöpferischer FreiheiL keine
Grenze geseHL scheint. Und die inneren Spannkräfte, die je zwei oder drei
Einheiten zusammensassen, wechseln ebensalls zwischen unendlich vielen Mög-
lichkciten künstlerischen Ausdrucks.

Schopenhauer der Künstler

Von Maria Groener

Dec Aufsatz ecscheint ausnahmsweise in kleinecem Gcade,
da von dec srühecen Redaktion hcc noih im Satz pehend.

^^arf die Behauptung aufgestellt iverden, daß jeder soviel Künstler i'st, als er
Widersprüche in sich vereinigt? Abgerissene Akkorde und Chorklangsträhnen
schlagen aus einer Kirche an unser Ohr —- — und wir treten ein. Streng gesugte
Sätze nehmen wir auf, wie sie auseinander zueilen, einander umschlingen und sich

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