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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 11 (Augustheft 1927)
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Lose Blätter
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Tribüne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0362

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„Dern Glaube", forschte der Alte eigerrsinrrrg.

Da begann der HüLejunge zu zrttern und zü stottern, ach, er war in einer
armen Zeit geboren, wo die Kinder sremde N'amen lernten und wenig Worte
aus seines Volkes Gottinnigkeit kamen. Wie sollke er wohl ankworten
können?

Die beiden Unholde aber huben von tteüem mit ihrem Gelächter an, so unir-
disch und wild und rachdurstig, alle Mgel wachten in ihren N°estern auf und
slogen verscheucht von dannen.

„Hör diese Menschen an, die den Göttern nahe waren", schrie der Zwerg.
„Sie sind ein armseliges Geschlecht geworden und wisserr kein Wort von ihrem
Sein und Werden. Jch glaube, Bruder, wir können uns schlafen legen.
Diese finden nicht God, nicht Heilenden mehr."

Der Branne lachte und wollte antworten.

Iü dem Angenblick brach der Mond wieder durch. Der Unkerirdische und der
Moorkerl hatken slink die Köpfe eingezogen. Die Birnsrau stand in einern
Husch aus des Iungen Knie, und der dicke kleine Rodeback war rnit einem Sah
aus dem andern. „Pfeis' uns einen", sagten sie und tänzeltcn zutraulich. Aber
der Iunge seufzte, er sah zu dem braunen Wasser hinüber.

„In der nächsten Nacht!" sagte er. Ihm war der Kopf so schwer, er wollke
rasch ins Bett kriechen, um alles zu behalten, was er gehört hatte, und mor-
gen beim Hüten darüber nachzudenken.

Tribüne

Von Geisi und Knnsi der Goirk

Von Jos. Popp

Pe hochersrenliche Wendung von der einseitig geschichtlichen Betrachtnng der
^^Kunst zn dieser selbst und ihrer geistesgeschichtlichen Bedentung benützen sindige
Köpse und wortgewandte Schriststeller zu den gewagtesten Hypothesen und wahren
Orgien des Phrasentmns. Ist solcherweise ein Gebiet, Problem oder Künstler ge-
nügend zerredet nnd abgebildet, wird ein neues Iagdgebiet ausgetan und die Hatz
auf edelstes Wild beginnt von nenem. So wnrden, um nnr die ehrwürdigsten Na-
men zu nennen, Greco und Grünewald entdeckt, belenchtet, durchleuchtet, zerlegt und
wieder znsammengesetzt; nicht besser erging es dem Barock und der Gotik. Leute,
die mit Religion überhaupt nichts zu tun haben, sühlen plötzlich eine katholische Seele
und wissen nun besser als der Elfuhrprediger der Kathedrale von Mystik und
Scholastik, vom Geist der Kirche wie der Gegenresormation schwelgerisch zu reden.
Giotto und St. Franziskus sallen ihnen zum Opfer. Aus der Renaissance holen
sie sich Fra Angelico. Dazwischen erleben sie den primitiven Mcnschen und seine
Knnst, wissen über exotische Kunst aller Art und den gesamten Orient Bescheid.
Die jeweils erledigten Phasen der Gegenwartskunst werden unter weltgeschichtlichen
Gesichtspunkten mit einem Absud aus allem Vorausgegangenen einbalsamiert. —
Das Bedenklichste ist, daß selbst Forscher, die einen Namen beanspruchen oder zu
verlieren haben, sich in solcher Weise betätigen. Ich möchte zur Charakteristik nur
zweier Werke gedenken, die immer noch vielen d a s Gotikorakel sind: W. Wor-
ringers „Gotische Formprobleme", der uns die „heimliche" Gotik bescherte und
die Gotik als „erhabene Hysterie" entdeckte, sowie K. Schesslers „Geist der
Gotik", wonach alles Gotik ist, was eine willenmäßig angespannte Knnstsorm er-
 
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