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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 12 (Septemberheft 1927)
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Michel, Wilhelm: Welt und Gegenwelt: Bemerkungen über das Künstliche
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Simmel, Gertrud: Aufklingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0426

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nung, als einziges Lichk, als die offene Tür zu unbekannLen Himmeln rühmk.
Es ist nur an das lehLe, kurze GedichL in dem Zyklus „1.6 voz'sgo" zu erinnern,
das in strömender Vorfreude den Willen aussprichL, „niederzuLauchen in den
Schlund des Abgrunds, gleichviel ob Hölle oder Himmel, in den Schlund des
UnbekannLen, um Nenes zu finden".

Dieses „Nrue", es ist nichLs anderes als das Leben. Leben aber ist diesseiLs
wie jenseiLs des Abgrundes nur dann zn haben, wenn auf die GegenwelL ver-
zichLeL und in die eine, wahre und rechLe WelL eingegangen wird, die unker
dem Geseh des Lebens flehk und allein vom Schöpfer ist.

Aufklingen

Von Marie Luise Enckendorsf
(Ein KapiLel aus dem Buche „KindschafL zur WelL", Verlag Eugen

Diederichs, Jena)

^V^f^sir haben für den letzken Kern des Lebens und für die Nahrung, die er
^-^^brauchk, die beide nichk unmiLLelbar anssprechbar sind, kein Symbol.
Aber nur das Symbol kann dieses letzke berühren. Die Liebe in GoLL, so sagt
man sonst. Das Symbol ist das Ding, miLLelfl dessen die schwebenden
Dinge einfach werden, wie wenn man dem Kinde sagk: GoLL will, GoLL haL
verboLen. Solange das Symbol nichL gefunden ist, in dem wir unmikkelbar le-
ben, bleibk alles komplizierL. Das einfache WorL, das schon in der LufL lebke, die
der Säugling einakmek. Symbol heißk, daß wir auf ein Nnaussprechbares miL
einem Bilde, mik einem Hauch hinweisen, in dem dies Nnaussprechbare anklingL
und gespürL wird in den Menschen; wir brauchen die Symbole, weil wir
Sprachlose sind, weil wir nichL sprechen können, weil wir vergeblich erklären
und benenncn. — Wo kein Symbol iß, da iß ausgesiorben, was symbolisierk
werden sollke. Nun meinen die Menschen, wenn sie ein Symbol erdenken, so
werden sich die Herzen wieder füllen. Aber Herzen füllen sich räLselhafk und
Symbole wachsen räLselhafk; man kann sie nichL herbeischaffen, wo sie fehlen.
Wenn das Symbol ausgestorben isi in Herzen, das Land zur Salzwüsie ge-
worden, da isi schwer beken, daß wieder wachse. Da ist nur erst die Ver-
zweiflung aufzurühren, daß nichks wächst, wie sie heuL herankommk. Mel-
leichk kann GoLL erst in die Verzweiflung wieder säen. Die Menschen
erzählen sich, daß Geigen gemachk werden aus dem Holz von Glockew
stühlen, aus diesem durch die Iahrhunderke hin musikdurchdrungenen,
musikerzogenen Holz, das das Mbrieren in Musik gelernL haL. Erziehung gibL
es überhaupL nichL anders, als daß eines klingL und das andere das Klingen
aufnimmt. Unsere Glocke kann nur das All sein, das All dieser Menschheik,
dao ewig metaphysische, dieser äußerste, zarke, ungeheuerste, unbenennbare
Kreio des Alls. Die WbraLionen, in denen wir rechL schwingen, kann nur
diese Hinwendung uns geben. Unser Wesen muß sich dahin wenden, wo unser
Wesen herkommk, und sein Schwingen und seine ruhige GeordneLheiL daher
nehmen; die Rückbesinnung finden aller Vibrakionen Leibes und der Seele auf
das Ganze der Welk. Leibes und der Seele; auch das Körperliche kann nur von
dorL her erzogen werden; denn ein abgelöstes Körperliches gibL es nichL, das
„bloß Körperliche" ist eine Absiraktion.

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