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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 6 (Märzheft 1928)
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Tribüne
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0459

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ihrer leichteren ZugänglichkeiL willen bevorzugte Ausschnitte in dem gesamten KreiS-
rund der Wissenschaft. Jn Ausnahmefällen, in denen bestehende Volksbibliocheken dem
hier und heut geltend gemachten BedürfniS besonderS weit entgegenkommen, wird
man sie durch Veroollständigungen leicht in das Netz der Staatsbüchereien einbe-
ziehen können. Wo nicht, werden sich die neuen und die alten Gebilde nicht gegen-
seitig schädigen, sondern nur fördern.

Die Forderung erscheint groß, aber sie dienk dem schaffenden Geist ebensosehr wie
der Verbreitung seiner Werke, und die deutsche Wissenschaft hat alle llrsache, auf
den Mann, der heute an der Spitze der preußischen Kulturpflege steht, mit Veo-
trauen zu sehen, auch wenn es sich um die weitesten Ziele handelt. Er vereint einen
ganz weiten, ganz auf die Zukunft gerichteten Blick mit starken Kräften des Ent-
schlusses und der Tat.

Tausenden und Tausenden unter den im Geist Strebenden nicht nur in dem Mittel-
stand, nein auch unter den nach Wissen Begierigen im Volk würden Ouellen er-
schlossen, aus denen ihnen möglich wäre, einen der tiefsten und dauerndsten Ge-
nüsse zu schöpfen, die Menschen gegeben sind: die Freude am Wissen um Welt und
Leben. Und der lautere Brunnen des Geistes, der, um mit Franz Marc zu reden,
den Trank der keuschen Wissenschaft spendet, würde wieder voll sprudeln und alle,
die nach ihm dürstet, stillen.

Allen aber, die dem geistigen Leben unseres VolkeS Lenker, Berater, Helfer sind, muß
der hier vorgetragene Plan auf das dringendste ans Herz gelegt werden. Denn es
handelt sich in ihm um eine der ernstesten Angelegenheiten unserer Gesittung. Wer
ernste Eltern, und zwar nicht nur Väter, nein auch Mütter über die Neigungen der
heranwachsenden Jugend befragt, wer die geistige Luft der Renn- und Sportplätze
und der Kinoschaustätten prüft, den überkommt bange Sorge, ob der Ernst und die
geistige Tiefe der Deutschen, d. h. eines ihrer höchsten und heiligsten Besitztümer, nicht
in Gefahr schweben, von einer neuen Welle amerikanisierender Oberflächlichkeit und
Seichtigkeit überschwemmt zu werden.

Und diese Gefahr bedroht nicht allein ein Gut unsereö DolkeS, nein auch der Mensch-
heit selbst. Es ist unser Stolz, daß wir sagen dürfen, daß die Deutschen das erste
Wissenschaftsvolk der Erde sind, und daß es zu den weltbürgerlichen Pflichten unseres
Volkes gehört, daß es diese heilige Flamme weiter nährt.

Der Staat aber ist die einzige Gewalt in unserem Volk, die Macht und wirtschaft-
liche Kraft, Derantwortungsgefühl und Einsicht vereinigt, um solchen Aufgaben
gerecht zu werden. An ihn müssen wir uns wenden. Dem athenischen Staat zu den
Zeiten des Perikles wird nachgerühmt, daß er ein volles Drittel seiner Einkünfte auf
Kulturzwecke verwandt habe. Wenn unser Dolk ein Hundertstel seiner öffentlichen
Einkünfte der Kultur zuwendet, mag es viel seiu. Sollte eS also wirklich zu arm sein,
um eine der geistigsten, der innersten, aber wcchrlich auch dringendsten Nöte seineö
Lebens zu stillen?

Umschau

Martin Buber, ein Sprecher gei-
ffiger Verjüngung

m 6. Februar wurde Martin Buber
fünfzig Jahre alt. Gerade rechtzeitig
zu diesem Tage iff die Sammlung seiner
„Chassidischen Bücher" (Verlag
Jakob Hegner, Hellerau) herausgekom-
men. Er hat darin zusammengetragen,

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was er im Laufe eines sehr arbeitürei-
chen Lebens über die ostjüdische Mystik,
die Lehre und Bewegung des Baalschem,
hat erfahren und nicderschreiben können;
Legenden, Lehrgespräche, Anekdoten, in
denen die deutsche Sprache einen unver-
gleichlichen Schatz besitzt. Genützt wird
er elnstweilen noch wenig; aber auch
seine Zeit wird kommen.
 
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