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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

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Heft 3 (Dezemberheft 1928)
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Umschau
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0250

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für die Ztvecke, die die Einzelnen zu-
famrnengeführt haben, sei es nun Arbeit
vder sei es Erholung, wichtiger und
entfcheidender als das andere, was be-
rechenbar ist. Vieles, Hotel, Landfchaft,
Klima, bis zu einem gewissen Grade sv-
gar das Wetter lassen sich wählen vder
vorausbestimmen; aber wenn das auch
mit größter Sorgsalt und Weitsicht ge-
schieht, ja wenn auch die gesellschastliche
Schicht noch auögesucht wird, so bleibt
doch immer der unberechenbare Rest der
elementaren menschlichen Dynamik, in die
wir eintreten und die das Gelingen einer
Reise vielleicht am stärksten beeinflußt.
Die Auswirkung dieser Dynamik ist aber
nicht beschränktaus bestimmteUmstände—
sie lassen sie nur deutlicher sichtbar wer-
dcn —, sondern sie ist immer vorhanden,
wo Menschen unmittelbar einander ge-
genübertreten. Sie wirkt auch durch

alles das hindurch, was sie in der ge-
wohnten Umgebung unseres täglichen
Arbeitslebens verdeckt. Es gibt dyna-
mische Konstellationen, die uns sördern,
unsere Kräste beleben und steigern oder
uns hemmen und lähmen. Um dieser
Möglichkeiten willen lohnt eS sich auch
nur, daß Menschen zu einem bestinnnten
Arbeitsprogramm — sei es politischer
oder wissenschaftlicher Art —, zu Kon-
gressen und Tagungen zusammenkvm-
men. Programme, Leitsätze, Resolutio-
nen, Reden, selbst DiskussionSreden, las-
sen sich vorher verabreden und sest-
legen, nur der „Verlauf" der Tagung,
der auf der Dynamik der einsachen
menschlichen Beziehungen der Teilnehmer
beruht, bleibt unberechenbar und kvmmt
als NeueS und als das eigentlich Ent-
scheidende hinzu.

Hermann Herrigel

Bücherschau

ir greisen in unserem Bericht aus
der eingelaufenenKunstliteratur her-
aus, was unter diesem oder jenem Gesichts-
punkt sür unsere Leser empsehlenswert
ist; eine Zusammenstellung wesentlicher
Werke der letzten Jahre werden wir spä-
ter bringen. Zunächst gedenken wir eini-
gcr Bände der sogenannten „P r o p y -
l ä e n - K u n st g e s ch i ch t e". Sie um-
saßt die Weltgeschichte der Kunst und
legt den Schwerpunkt aus die Abbildun-
gen. Jeder Band bietet mehr als Wo
ganzseitige Bilder, darunter viele sarbig.
Der Text erstrebt eine großzügige Über-
sicht dcs jeweiligen Gebietes, ist aber
hierin recht vcrschiedenwertig. Manche
Namen von Rus, wie Bode, haben es
sich allzu beqnem gemacht. Jmallgemei-
ncn rächt sich bei solchen Ausgaben unser
Spezialistentum: es fehlt an Männern,
die größere Gebiete wirklich beherrschen,
im Sinn des Wissens nnd Gestaltens.
Ein Band, der mir vorbildlich scheint, ist
die „Gvtik" von Karlinger; ein
Werk, das ich an dieser Stelle früher
schon eingehcnd besprochen und emp-
sohlen habe. DaS Originelle und Ver-
dienstliche dieses UnternehmenS liegt in
dem außerordentlich reichen, ausgezeich-
neten und vielsach typischen AbbildungS-
material. Wenn man bedenkt, daß bei
einem Preis von etwa ^Mark für den
Leinenband ein Bild nicht viel höher

als aus 10 Psennig zu stehen kommt,
ergibt das jeweils eine wirklich billige
Sammlung. Dankenswert sind auch die
Sonderangaben über die einzelnen Dar-
stellungen, die allerdingS nicht durch-
wegs sorgfältig und ergiebig behandelt
wurden.

Eine ausgezeichnete Leistung bietet Otto
Fischer in der „K unst JndienS,
Chinas und Japans". Hier ist
der Stoss gemeistert, in der Darstellung
wie in der Bildauswahl. Das Künst-
lerische steht durchaus im Vordergrund
der Würdigung, wird aber zugleich ge-
schichtlich entwickelt. Aus dem Wesen
indischer Religionsphilosophie nnd einer
völligen Hingabe an das Absolute, wie
auS den Wandlungen des indischen Gei-
stes wird die Kunst zu begreisen ge-
sucht: eine weitgehende Einheit. Obwoh!
nicht rein arisch, gab diese Rasse doch der
ganzen Kultur den wesentlichen Charak-
ter. Wie von Jndien die Kultur des
südlichen Asiens ausgeht, so von China
die des östlichen. Diese im höchsten Sinn
geschlossene Nation hat im 12. Jahrhun-
dert vor Christus ihre klassische Kunst-
zeit. Politisch gleicht sie dem abendlän-
dischen Mittelalter. Es ist ei'ne ungemein
rciche, hochstehende und interessante
Kunst, die über zoo Jahre stark auf
Japan wirkte, das seine Blüte nach dem
10. Jahrhundert erreichte; im iz. Jahr-

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