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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 2 (Novemberheft 1930)
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Endres, Fritz: Emil Strauß
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Strauß, Emil: Am Ruder
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0136

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ihr Werden, ihre Wandlungen, ihr Vergehen, ihr zaghaftes Flimmern, ihr
wildes Flackern und ihr ruhiges LenchLen. Kaum eine Erzählung hat er ge-
schrieben, in der das VerhälLnis von Mann und Frau fehlLe, dagegen zahl-
reiche Erzählungen, in denen es im MiLLelpunkL stehL. RufL man fich seine
GestalLen ins GedächLnis zurnck, so erscheinen die Frauen zuerst: die stolze
schwerblüLige Elfriede und die wirblige Klara aus den „Kreuznngen", die
Lapfere, hefLige kleine Helene ans dem „Freund Hein", die seelendürre
KirchenraLs- und SchulraLsLochLer ans den „Auswanderern", die müLLerliche
EngelwirLin und ihre adlige Schwester, die Freifrau von TeLLingen aus dem
„Schleier". SLrauß haL sie miL Liebe gezeichneL, auch die großen und kleinen
Sünderinnen, nur die engherzigen und felbstgerechLen KlaLsch- und Tugend-
bafen lehnL er, ohne SLrindbergsche Beklemmnngen, miL einer gelassenen Hand-
bewegung ab. Doch auf dieselbe Stufe haL er fie nichL alle gestellL: was ihn
zur wahren Frau ziehL, ist nichL der mehr oder minder flüchLige Trieb, fon-
dern der Wunsch nach der großen verzeihenden und verpflichLenden MüLLer-
lichkeiL. MiL Kellerscher SicherheiL fühlL Strauß die UnwahrheiLen der
heuLe heiliggefprochenen kleinen EroLik: VerliebtheiL allein fprichL öei ihm
Mann und Weib noch lange nichL frei. Selbst die fraulich nnd müLLerlich
gefund empfindende Klara muß weite und schmerzliche Wege durchschreiten,
ehe fie einer wahren Frau zu gleichen beginnL. Dann frcilich, wenn ekwa die
Freifrau von TeLtingen als Zeichen der Verzeihung den Schleier fich wieder
ins Haar steckL oder wenn, noch einfacher und ergreifender, die EngelwirLin
das Kind der LoLen AgaLhe aufnimmL und sich ans Herz legL — dann freilich
ist das Wunder vollbrachL und jenes GöLLliche, das der irdische Neensch er-
leben darf, sichtbar geworden als ein Ewig-Weibliches.

2lm Ruder

Von Emil Strauß

(^a, aus einer ZeiL will ich ein Stücklein erzählen, da „man das Trockene
^)noch nichL sah und es finster war auf der Tiefe".

Wir schwammen; aber es sollte die leHLe Nücht sein, und morgens follten
wir endlich an Land gehen. Über eine Bank des HinLerdecks haLLe ich mir
meine Reisedecke gebreitet; doch zu schlafen gelang mir nichL: die Augen blieben
offen und starrten in den funkelnden Himmel hinauf nnd sanden es höchst
fonderbar, daß die ewigen goldenen Sterne so hurtig um diese ärmliche Mast-
fpiHe herumLanzLen. Zum erstenmal auf der langen Fahrt reizte und ärgerte
mich der Anblick; schloß ich aber das Auge, so hüpften und LaumelLen sie noch
zehnmal betrnnkener herum, als häLLen sie ganz vergessen, wie ehrbar und
unbeirrbar fich die ewigen SLerne sterblichen Menschlein gegenüber zu betragen
haben. Es wurde mir widerlich, da droben auch so krumme Bahnen, Zickzack-
wege und viehmäßige Sprünge entdecken zn müffen. Jch fuhr empor, steckte
mir eine der schlechten ZigareLLen an, die ich im stinkigen Hafen von SanLos
einem im KrämerbooL unseren Dampfer umkreisenden Neger abgehandelL
haLLe, und wandelte hin und her.

Jch schien das einzige Lebendige auf dem Schiff zu fein. Unverfroren schriLL
ich vom erhöhten HinLerdeck über den nur der Mannschaft zugänglichen Ber-
 
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