DOI Heft:
Heft 11 (Augustheft 1931)
DOI Artikel:Martin, Kurt: Hermann Burte als Maler
DOI Artikel:Aus "Ursula"
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0790
„Der Mann, welcher euch machte, lvar zuerst kein Schüler, sondern ein Lehrling; er
lernte nicht zeichnen, sondern schmieden; er machte es nicht von vornherein anders und
gegenteils wie sein Meister, sondern gerade so wie dieser; nnd weil er das Handwerk
kannte, wie er atmete, schlief, aß nnd trank, ohne Mühe und schwächende Über-
legung, so kam die Kunst zu ihm uud saß ihm auf dem ledernen Schurz in seinem
Schoß; er konnte, was er wollte, und konnte, was sie wollte: ihr Kuß weckte seine
schlummernde Seele, und sein Werk wurde ihm zur Lust, und seine Gebilde wurden
ihm lieb und waren ein Stück seiner selbst: und so geschah es, daß es Kunstwerke
wurden und blieben, Meisterstücke sind, wertvoll und preiswürdig, wie Gedichte,
Bilder und Tonsätze."
Aus „Ursula"
Der Frevler
^shr Lachen lockte, ihr Schleier wehte
Jhr 2lug aus Wassern sah:
^ch brach am Zaune weg die Stakete
Der Mondschein lag über bunte Beete,
^hr Lachen schwieg, ihre Lippe flehte:
Denn ich kam und nahm und war da.
Den Schatten gibt als Mantel die Palme.
Jch fühle, fasse, fah:
So schlagen an der Angel die Salme
So greift ein Schnitter um sinkende Halme
So schlägt die Flamme auS dem Qualme
BrunhildenS und ich — bin da!
Gebrochen die Eide, verloren die Ehre,
Die Schande dem Ohre nah:
Sie lief wohl nach dem tosenden Wehre,
Und grisf mit irren Händen die Leere,
Dann lag sie in der klammernden Schere
Der Arme mir, ich war da.
Was wollen die Herren mit weißen Karten?
Berührt sie, was ihr geschah?
Jch ließ den Fordrer nicht lange warten,
Die Hüte gelüftet, Befehle schnarrten —
Sein Knall! Der meine! Sein Fall! Die harten
Haßaugen verziehn — ich war da.
Jch messe mit Schritten seit vierzehn Monden
Die Stube der Feste K:
Bei Tage die Meldung, bei Nacht die Ronden:
Nun hast du Zeit, nun senke die Sonden
Hinab in den Busen nach deiner Blonden! —
Sie wartet und — ich bin da!
Dann fort aus dem Lande, die Mauern lasten,
Ein Segel schlägt an die Raa.
Entflieh dir selber in fieberndem Hasten
692
lernte nicht zeichnen, sondern schmieden; er machte es nicht von vornherein anders und
gegenteils wie sein Meister, sondern gerade so wie dieser; nnd weil er das Handwerk
kannte, wie er atmete, schlief, aß nnd trank, ohne Mühe und schwächende Über-
legung, so kam die Kunst zu ihm uud saß ihm auf dem ledernen Schurz in seinem
Schoß; er konnte, was er wollte, und konnte, was sie wollte: ihr Kuß weckte seine
schlummernde Seele, und sein Werk wurde ihm zur Lust, und seine Gebilde wurden
ihm lieb und waren ein Stück seiner selbst: und so geschah es, daß es Kunstwerke
wurden und blieben, Meisterstücke sind, wertvoll und preiswürdig, wie Gedichte,
Bilder und Tonsätze."
Aus „Ursula"
Der Frevler
^shr Lachen lockte, ihr Schleier wehte
Jhr 2lug aus Wassern sah:
^ch brach am Zaune weg die Stakete
Der Mondschein lag über bunte Beete,
^hr Lachen schwieg, ihre Lippe flehte:
Denn ich kam und nahm und war da.
Den Schatten gibt als Mantel die Palme.
Jch fühle, fasse, fah:
So schlagen an der Angel die Salme
So greift ein Schnitter um sinkende Halme
So schlägt die Flamme auS dem Qualme
BrunhildenS und ich — bin da!
Gebrochen die Eide, verloren die Ehre,
Die Schande dem Ohre nah:
Sie lief wohl nach dem tosenden Wehre,
Und grisf mit irren Händen die Leere,
Dann lag sie in der klammernden Schere
Der Arme mir, ich war da.
Was wollen die Herren mit weißen Karten?
Berührt sie, was ihr geschah?
Jch ließ den Fordrer nicht lange warten,
Die Hüte gelüftet, Befehle schnarrten —
Sein Knall! Der meine! Sein Fall! Die harten
Haßaugen verziehn — ich war da.
Jch messe mit Schritten seit vierzehn Monden
Die Stube der Feste K:
Bei Tage die Meldung, bei Nacht die Ronden:
Nun hast du Zeit, nun senke die Sonden
Hinab in den Busen nach deiner Blonden! —
Sie wartet und — ich bin da!
Dann fort aus dem Lande, die Mauern lasten,
Ein Segel schlägt an die Raa.
Entflieh dir selber in fieberndem Hasten
692