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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 2 (Novemberheft 1931)
DOI Artikel:
Frankreich in Indochina, [2]
DOI Artikel:
Briccius, W. A.: Gold- oder Indexwährung?
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0158

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Di'es sind die Töne, mit denen sich das indochinesische Volk Lnst macht, too ihm
Raum dazu bleibt. Nichtsdestoweniger wird Frankreich nnermüdlich fortfahren, die
liebende Anhänglichkeit seiner farbigen Untertanen der Welt zn verkündigen, die nur
daraus brennten, in einem neuen europäischen Kriege ihr Blut für das freigebige
Mntterland zu vergießen. Denn „Frankreich, seine Departements und seine Ko-
lonien in den fünf Weltteilen stellen eine ungeheure Verbmdung von hundert Mil-
lionen menschlicher Wesen dar, die im selben ^sdeal von Fortschritt, Gerechtigkeit
und Friede solidarisch sind". So formulierte Coty die Jdeologie, welche FranA
reich durch seine Kolonialstellung der Menschheit einzuhämmern trachtet. Und 0er
Erfolg ist unbestreitbar, das läßt sich bis in die deutsche Rechtspresse hinein fest-
stellen, wo sich immer wieder Stimmen erheben, die unter der suggerierten Spitz-
marke „Kampf gegen den Bolschewismus" die Gesichtspunkte der französischen Ko-
lonialpolitik sich weitgehend zu eigen machen. Wenige Besucher sahen hinter daö
glänzende Theater der Kolonialausstellung. Aber die Geschichte wird es tun und ein
sehr düstereö Bild der Hintergründe zeichnen.

Gold- oder Jndexwährung?

as Gebiet der Währungsfragen ist zum Tummelplatz für populäre Phantasie

und naiven Dilettantismus geworden. Krisis der Goldwährung, Entthrommg
des Goldes, Binnenmark, Freigeld, monetäre Autarkie sind die hauptsächlichsten
Schlagworte, mit denen man arbeitet. Und da man so gerne einen „Alleinschuldi-
gen" an der Weltwirtschaftskrisis finden will, so ist es zurzeit modern geworden,
diese Schuld dem Gold zuzuschieben in völliger Berkennung des Kausalzusammen-
hanges, da blrsache und Wirkung verwechselt werden. Fragen, die früh.r nur in stillen
Gelehrtenstuben zur Diskussion gestanden sind, gewinnen für jeden Einzelnen aktuel-
les ^znteresse, und mit geschäftiger Eile nützt sensationslüsterne Reportage diese Si-
tuation aus. Die schon bestehende Krisenpsychose wird unverantwortlich und unnötig
erhöht, die allgemeine Berwirrung gesteigert, und dem leidtragenden Zeitgenossen
erscheint der Zustand chaotisch; soweit er nicht in Apathie versällt, wird er rettungs-
los in die Arme derjenigen Parteien getrieben, deren Jnterpretation ihm st i m -
mungsmäßig zusagt.

Nun ist aber „Währung und Geld" eine sehr nüchterne und reale Angelegenheit und
durchaus nicht der Boden für Illusionen und Wunschbilder. Wirtschaftliche Gesetz-
mäßigkeit kümmert sich nicht um gefühlsmäßige Beurteilung. Aber gerade weil die
Menschen nicht ökonomisch, sondern zum Teil ökonomisch sinnlos handeln, so ist es
für die Prüfung der Gegenwartslage um so nötiger, diese psychologischen Momente
stark in den Bordergrund zu rücken, will man nicht Gefahr laufen, mit dem Sein
das Sollsein zu verwechseln. So ergibt sich auch für die jetzt akuten Währungsfragen
die für jede Diagnose der Wirtschaft nötige Dreiteilung: das Erkennen der abstrakt-
theoretisch gewonnenen wirtschaftlichen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten und
die Prüsung des Tatbestandes, ferner die Berücksichtigung individual- und sozial-
psychologischer Faktoren und endlich die bewußte Anwendung wirtschaftlicher Mittel
zu politischen Zwecken. So ist die Handhabung von Währung und Kredit nicht, wie
der englische Macmillan-Bericht meint, „im Entscheidenden eine Kunst und nicht
eine Wissenschaft", sondern sie ist beides zugleich.

Alle Borschläge für Geldreformen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: die einen
sehen die Aufgabe darin, den Währungseinrichtungen anhaftende Mängel zu besei-
tigen, wie K e y n e 6 es ausgedrückt hat: die mangelnde Existenz deS Wertstandards
zu beheben; ihr Ziel ist also hauptsächlich die Stabilisierung der Kaufkraft deS Gel-
des. DaS soll wiederum auf zwei Wegen versucht werden, entweder durch die Aus-
schaltung des Goldes als Wertmaßstab oder durch den Bersuch der Schafsung einer

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