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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 7 (Aprilheft 1932)
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Picht, Werner: Die Friedensidee in den Händen der Pazifisten
DOI Artikel:
Nette, Herbert: Die Beschwörung der Kundali: über eine Sonderform indischer Versenkungspraxis
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0490

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Friedensforderung als einer sittlichen Aorderung rsoliert öegegnen, fehlt
das Bewußtsein der organischen Abhängigkeit nnd gegenseitiger Bedingtheit
der sittlichen Kräste. Jn deren Haushalt aber wurde und wird im Abend-
land das Gleichgewicht hergestellt durch die Berklärung und Entselbstung
hes Aktivismus in der Ethik des Kriegers, der auch den Frieden nur be-
greisen kann als „die im Sturm gelänterte Aktivität" (Derleth).

Die Beschwörung der Kundali

Über eine Sonderform indischer Bersenkungspraxis
Bon Herbert Nette

(^ie große Aufgabe indischen Denkens ist die Frage nach dem inneren
'"^-^Wesen des Menschen. Im Mittelpunkt dieser geistigen Welt stehk der
Noga als eine einZigartige Technik und Methode der Bersenkung und Erkennt-
nis des Inneren. Eine westliche Nachahmung ist unmöglich, da unserem an-
ders gerichteten Geist der Weg in solche Bersenkung nicht freisteht. Nur
um so unentbehrlicher sind uns jene großen Zeugnisse innerer Erfahrung, wenn
wir auf die Frage „Was ift der Mensch?", deren epochale Dringlichkeit be-
sonders Max Scheler festgestellt hat, uns eine Antwort erkämpfen wollen,
die, an Stelle erledigter Dogmen, die ganze Fülle der Möglichkeiten und
Gestalten des Menschen enthält.

Im folgenden wird vorwiegend eine Form indischer Bogapraris betrachtet,
die allgemein als vollkommenste gilt, da bei ihrer Ausübung Körgerliches
und Psychisches gleichermaßen teil hat und entwickelt wird. Dabei müssen
wir für unseren Zweck das Funktionale der Vorgänge h.erauslösen und
psychologischer und biologischer Untersuchung unterziehen. Daß ein solches
Verfahren der religiösen Eigenart, überhaupt d-er unversehrten Ganzheit der
zugrundegelegten Erscheinung in keiner Weise gerecht wird, sei nachdrücklich
betont.

Alle Arten von Doga beginnen mit einem asketischen Training, das in
mehrere Stufen eingeteilt ist. Die Borschriften beziehen sich nie nur anf
äußeres Tun und Unterlassen, sondern zugleich auf die innere Haltung. Selbst-
verständlich sind BesiHlosigkeit, geschlechtliche Enthaltsamkeit, Enthaltung von
allem Unrecht gegen lebende Geschöpfe. Es folgen körperliche Übungen reini-
gender, diätetischer, LherapenLischer, gymnastischer, hypnosigener Natur, deren
Zweck uns beschäftigen wird. Über die Wirknng der Atemübungen haben wir
keine genauen nnd weitgehenden Kenntnisse, immerhin aber die Erfahrung, daß
manche Gefühls- nnd Geisteslagen auf die Atmung einwirken, daß insbe-
sondere anormale Bewußtseinszustände eine Veränderuug der Atmung mit
sich bringen. Daß also nmgekehrt anch die Atemregelung zur Herbeiführung
bestimmter Zustände dienlich sein kann, ist nicht zu bezweifeln. — Auf die
äußeren folgen die inneren Stufen: die Zurückziehung der Sinne von der Be-
rührung mit der Außenwelt; danach die Fixation auf einen Punkt, „welcher
dem Geist nicht mehr erlaubt, wie bisher zügellos umherzuschweifen". Die
Krönung des Prozesses innerer Schau wird erreicht in der Identifikation des

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