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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 7.1893-1894

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Heft 7 (1. Januarheft 1894)
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Lose Blätter
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Zeitungsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11728#0119

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seitig musikalisch erzeugen, die Musik mit sich bringend wie
die Luft, die wir atmen, die gesungenen Berse entwickelnd
wie die Stimme, die ihnen eigen ist. Zwei Väter für dieses
Kind, das nur eine Seele und einen Körper haben kann, das
kann ich mir durchaus nicht vorstellen."

„Das despotische und atkmächtige Genie Wagners hat das
lyrische Drama Frankreichs zu Boden gedrückt." Wie man
nach Hugo, Lamartine und Musset keine originalen Verse mehr
machen konnte, so nach Wagner keine originale Musik mehr.
Alles wird wagnerisch, selbst ohne es zu wollen. „Daran wird
manches heimische Talent zu Grunde gehen, und der musikalische
dlusdruck des spezifisch sranzösischen Geistes wird auf lange
Zeit darunter leiden. Dennoch wäre es kindisch, Wagner zu
vernachlässigen. Er hat die neue Formel gesnnden: sich von
ihm abwenden, hieße zurückbleiben. Nur soll man nicht bei
ihm stehn bleiben, sondern von ihm aus weiter gehn." Auch
Wagner wird altern. Das lyrische Drama Frankreichs hat
nach wagnerischer Formel, von der unendlichen Melodie
ausgehend, die Situationen entwickelt und die Gestalten
charakterisirt. Es mag den Gesang nur noch zum Ausdruck der
Gedanken und Gesühle machen. Es kann aber dennoch sich
selbstständig entwickeln, nämlich — und setzt drückt sich Zola
etwas nebelig aus, obwohl er von der Klarheit sprich —

„Jch sehe ein menschliches Drama kommen, nicht mehr
in den Nebeln der nordischen Mythologie, sondern unter uns
armen Menschen handelnd, in der Wirklichkeit unserer Leiden
und Freuden." Die Gestalten mögen in Sammet oder Lumpen
stecken, aber Menschen sollen darin sein. Aus jedem dieser
Werke soll ein tieser Schrei der Menschlichkeit emporsteigen.
„Ah, Musiker, wenn ihr uus ans Herz greist, an die Quelle
des Lachens und Weinens rührt, so wird selbst der Koloß
Wagner weichen von dem hohen Piedestal seiner Symbole."

Zum Schluß sagt Zola, daß der sranzösische Komponist
der Zukunft Alfred Bruneau sei. Das habe man schon an
seiner Musik zu Zolas „Traum" merken können, und „morgen
Abend" wird man davon erst recht überzeugt, nach der Auf-
sührung der „^.tMgue äu lAorllin", der neuen Oper Bruneaus
nach Zolas gleichnamiger Novelle. Der Aufsatz ist also am
Vorabend der PremiLre geschrieben. Natürlich nicht, um vom
Besuch abzuraten. Das war nicht sein uud nicht klug,
Meister Zola!

» Die päpstliche LnzLklika über den Ikircben-
gesang, vou dereu umfassenden Vorarbeiten wir schon
früher einmal Kenntuis gaben, soll nun, so heißt es, bald

vcrkündigt werden. Seit ungefahr einem Iahrc hat, wic
nnsre Leser wissen, die Kongregation der Riten an die
italienischen und fremden Meister dcs Kirchengesanges eine
Reihe von Fragen mit Bezug auf die bisherigen Methoden
und eine zweckentsprechende Reform des gregorianischen
Gesanges gerichtet; hierauf wnrden die Bischöfe und schließ-
lich die Erzbischöfe Jtaliens um ihre Meinnng über den
Gegenstand befragt. Die überaus zahlreichen Antworten
auf diese Anfragen liegen seit einiger Zeit vor, und der
Papst ließ sich darüber genauen Bericht erstatten. Bei
der Ausarbeitnng der erwähnten Enzyklika wird Papst
Leo, nm keine Schule des Kirchengesanges zu verletzen
nnd Niemanden unmittelbar zu vernrteilen, die gleiche
Methode wie bei der jüngst veröfsentlichten Enzyktika über
das Bibelstudium befolgen. Er wird, wie es heißt, die
traditionellen Regeln des Kirchengesanges belenchten, den
theatralischen Gesang ans der Kirche ausschließen nnd das
Studinm des gregorianischen Gesanges besonders in den
kirchlichen Seminaren empfehlen.

» Ein großes Warnum-Denkmal ist in Bridgeport
crrichtet worden; die Zeitschrift „Die Reklame" bildet es
ab. Hoffentlich ist Barnums großes Wort „Drucker-
schwärze ist das Blnt des geschäftlichen Lebens" mit goldenen
Lettern in den Sockel gegraben. Von wie schnödem Un-
dank aber zeugt es, daß so viele Meister der Dichtnng,
Musik und bildenden Künst sich an der Errichtung nicht
beteiligt haben, der Künstler der Mimik nicht zu gedcnken!
Und wann wird endlich die große Barnnm-Stiftung er
stehen, jene so dringend notwendige Akademie der Reklame,
welche den Unterricht darin endlich einnial organisirt, damit
nicht jeder aus das inühsame Selbststudium angewiesen
bleibe? 9Nan könnte ja sagen: Lehrstühle an den Akademien,
Konservatorien usw. thäten es auch. Aber besser wäre doch
wohl eine eigene Hochschule, zu der die Künstler ehrenvoll
abkommandirt würden, wie die Offiziere zur Kriegsakademie,

Dermlne von Vreuscben sendet uns ausLRom mit
der Bitte um Ausnahme das solgende Schriftstück eigener
Autorschast: „Die Hermine von Prenschen-Ausstellung anf dem
Pincio (?z Nummern mit dem letzten großen Bilde »Lebens-
sphinx«) wird in der gesamten römischen Presse (mit Ausnahme
des nur durch Bestechung zngänglichen kopolo roinano) üußerst
sympathisch besprochen und bildet zur Zeit das römische Tages-
gesprüch." Wir solgen hiermit der Bitte um Abdruck und
zwar, gewissenhaft wie wir sind, mit Angabe unserer Quelle.
Ilnd wir denken bei ühnlichen Fällen von jetzt ab immer so
zu verfahren — sogar auf die Gefahr hin, daß man uns mit
der Zeit als ungeeignete Adressaten sür solche Zuschriften er-
kenn^n sollte.



L^eitungsscbau.


Dicbtung. (Hebbel u. d. moderne Hublikum) I. Stolziug, !
Dtsches Dolksbl. l??9. — (lvie kann unsere alte deutsche ^
Dichtung aufs Neue lebendig werden?) I. Sahr, Tgl.
Rdsch. 27q, 276. — iIohn Brinkinann) A. Dau, Gegenw.
qq. — (Zu Lhren v. Herm. Kurz- A. Bettelheim, Beil. z.
Allgem. Z. 278. — (Llavija, Beaumarchais, Goethe) Erick
Schmidt, v. F. z. M. —

Mustk. (Goldene Töne) F. Halm, Münchener N. N. 5H8-
— (Zum Tode Gounods) H. Röckner, Gegenw. qq. —
(Die Hflege d. Musik i. Sinne d. allgem. Lrziehungi R.
Aaden, Lyra 6 ff. — (Die Anfänge d. Gperette) I.
Glanwell, N. M. Z. 2q. — (Gluck als Spmphoniker) La
Nara, N. Ztschr. f. M. 50. — (Der Neck) A. N. Harzer-
Müller, Allgem. M. Z. qZ, 50 — (Über Hrogrammusik)

A. Ludwig, N. Berl. M. Z. qy s. — (Das Individualisiren
der Hhrasen) R. Aaden, N. Ztschr. f M. q8. — (Seb.
Bach) A. Reißmann, Sängerh. q5 ff. -
Kildende Ikünste. (Die Rarolingische Malerei) Hamb.
Nachrichten, Beil. q8. — (Raffaels Sixtinische Madonna)
A. woermann, R. s. A. 7 ff. —- (Franz Stuck) M. I.
Bierbaum, Gesellsch. — (Lntwürfe z. e. neuen National-
Museum f. München) ü. T v Berlepfch, Beil. z. Allgem.
Z. 275 f. — (Bildwerke d. Mittelalters) A. Schmarsow, ff
v. Fels z. M. q — (Spanische Miszellen) T. Iusti, st
Ztschr. f. bild. R. 2 ff. — (Hinterglasmalereien) T. Luthmer,
ff ebenda. — (Deutsche Runst u. Aultur) R. Renard, p
Allgem. A.-Thronik 22. — (G. F. watts> B. Belferich, ch
D. R. f. A. 5. —

. Tempo und Lnergte des dicbteriscben Scbattens. — Ikundscbau. — Dichtung. Schön

Literatur. 30. — Theater. Wichtigere Schauspiel-Aufführungen. 55. — Mnsik. Wichtigere Musik-

Aufführungen. 27. Der Verismus in der Musik. Musik-Literatur. (5. — Bildende Künste. Kunstliteratur. zo. Müchener

Kunstbries. Ein Engländer über deutsche Kunst. — Sprecbsaal. Dichterelend. — Lose Mütter. — Leitungssebau.

— 10s -
 
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