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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 8 (2. Januarheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0152

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von der Lohalität des einzelnen ab;
die Reichsregierung aber hat den
Verkauf der Parseval erlaubt!"

Soweit der Einsender, dessen
Name schon deshalb nichts zur
Sache tut, weil er sich selbst in der
Beurteilung dieser Frage durchaus
als Laien fühlt. Wir unserseits tun
das nicht minder. Aber so gewiß
nicht nur die Buren ihrer Zeit die
Lngländer mit den Waffen be-
kämpften, die sie von ihnen ge-
kauft hatten, sondern noch jedes
industriell minder entwickelte Volk
seineu fortgeschrittenen Gegner, und
so gewiß sich Europa im fernen
Osten und sonst in der Welt seine
Feinde gegen ihr Geld großzieht,
so gewiß schreien diese Fragen
danach, eudlich einmal vor breiter
öffentlichkeit bis zur Klärung er-
örtert zu werden. Wir laden die
Sachverständigen ein, sich auch im
Kunstwart über sie auszusprechen.

Prinzregent Luitpold 1-

er bahrische Prinzregent ist
heimgegangen, während das
vorige Heft schon unter der Ma-
schine lief, so kommt es, daß wir
seiner erst heute gedenken können.
Lun wir das, so tun wir's nicht
aus beruflichem oder konventionel-
lem Zwang, denn Fürstennachrufe
bringt sonst der Kunstwart nicht.
Wir tun's aus einem Bedürfnis
heraus, weil wir den alten Herrn
aus der Ferne liebgehabt haben.
Er hatte seine Schwächen, auch aus
Sambergers Bildnis sprechen sie,
und er war auch kaum nach irgend-
welcher Seite hin ein so hervor-
ragend begabter Mensch, wie man
das ihm wie jedem Fürsten anzu-
dichten liebte. Klug zwar war
Prinzregent Luitpold, ja sogar sehr
klug. Aber auch das an sich hätte
ihm lange nicht die einzigartige
Stellung im deutschen Volksbilde
geben können. Die hat er letzten

Endes doch wohl dreierlei zu ver-
danken, was auf eins zurückgeht:
er war ritterlich vornehm, er war
wahrhaftig und er war taktvoll,
weil er durchaus natürlich-gesund
war.' Er war eine erquickende Merk-
würdigkeit zwischen dem sich stei-
gernden allgemeinen Dekorieren,
Posen und Paradieren.

„Er war vor allem Iäger", sagt
man. Aber er war's nicht bei den
Abknallereien der Hofjagden, son-
dern in den Bergen, wo er dem
Wilde nachstieg und es hegte, wo
er> wie der alte Rauschebart, im
Bergwasser badete, mit schlichten
Menschen zusammen, und der Krea-
tur so freund, daß er gelegentlich
um eines Hundes willen zu Wag-
halsigkeiten bereit war. Auch in
der Stadt setzte er von solchem Leben
soviel fort, wie sich halt fortsetzen
ließ. Im übrigen war er gern mit
Künstlern zusammen. Vielleicht,
weil sich unter ihnen verhältnis-
mäßig am meisten Leute finden,
denen die Natürlichkeit noch nicht
weggeabsichtelt und weggestrebert ist,
uud sicher auch, weil der alte Herr
Kunstfreund war. Aus seincr
Naturfreundschaft heraus, Ästhet
war er weiß Gott nicht. Als Mäzen
hat er sich nie gefühlt, seine Mittel
waren auch knapp, er mußte mehr
mit Teilnahme als mit Geld dabei
sein. Von der Anmaßung, den
Leuten richtunggebend dreinreden
zu wollen, war er himmelweit eut-
fernt, nicht obgleich, sondern weil
er schließlich von Kunst wirklich
etwas verstand. Sogar, daß es unter
Amständen richtig sein kann, Geg-
ner, wie Kunstverein uud Sezession,
und beide aufrichtig, zu fördern. Er
war der Welt gegenüber, deren
Läuften er nun so lange folgte,
freilich auch gelassen. Welchen Ver-
suchen, Ereignissen, Erfahrungen
hatte dieser Uralte allein in seinem
eignen Hause zugesehn, bei Auf-

Kunstwart XXVI, 8 j
 
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