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Kunstwart und Kulturwart — 26,3.1913

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Heft 14 (2. Aprilheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14286#0179

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im Lande Schlesien ein kleines
MusLerbeispiel dafür geschehen, wie
man zugleich erhalten und nutzen
kann. K.--L.

„Städtische Glückshafen"
«nd Dürerbundbuden

ei der Mai- und der Herbst-
dult, sowie beim Oktoberfeste in
München gibt es „städtische Glücks-
hafen", fröhliche Buden, in denen
allerhand Sachen ausgespielt wer-
den wie anderswo nur auf Kosten
von Privatunternehmern und mit
dem weiteren Anterschiede, daß der
Ertrag wohltätigen Zwecken zu-
gute kommt. Leider wird, was in
München doppelt auffällt, ein
andrer guter Zweck versäumt: der,
dem guten Geschmack zu dienen.
Während man sich sonst in Isar-
ALHen auf alles freuen kann, was
die SLadt in die Hand nimmt,
wird, GoLL weiß warum, durch die
„städtischen Glückshafen" noch
ästhetischer Schund bis zu Haus-
greuel-Schrecklichkeit hinab ver-
breitet. Soll das immer so weiter-
gehn oder wird man Männer und
Frauen helfen lassen, daß auch hier
Münchens Ehre hochkomme?

Irgendein Risiko ist mit guten
„Glückshafen" nicht mehr ver»
bunden, wenn sie nur geschickt ein-
gerichtet werden. Gute lustige
Gabenauswahl, Verkäufer in munt-
rer Volkstracht, auch wohl ein
Ausrufer mit Humor (zu dem sich
der guten Sache zulieb zu den
Hauptstunden ohne Schaden für die
„Würde" auch wohl ein Student
oder Akademiker hergeben könnte)
— und alles geht famos. Der
Verein für sächsische Volkskunde
hat das zusammen mit dem Dürer-
bund auf der Dresdner Vogelwiese
mit geradezu verblüffendem Er-
folge erprobt. Auch ein „billiger
Büchermann" ist vom Dürerbund
und von andern schon mit bestem

Erfolg auf Volksfeste geschickt
worden.

Noble Stiftungen

^etzt im April ist Nobel 25 Iahre
Otot. Es ist zur Zeit Sitte, sich beim
Vergleichen seiner Stiftung mit
Sch enkungen amerikanischer Milliar-
däre über letztere lustig zu machen.
Was sie eimerweis eingerafft hätten,
gäben sie schoppenweis wieder her.
Daß solche Erörterungen klug seien,
bezweifle ich, daß sie unnobel sind,
nicht. Obwohl die Kritiker gerade
sehr mit ihrer Noblesse daherfahren.

Es sei zunächst zugestanden —
wenigstens als berechtigte Hoffnung
— daß eine nicht mehr allzu ferne
Zeit das Zustandekommen dieser
amerikänischen Riesenvermögen sitt«
lich nicht sehr hoch bewerten wird.
So Wird sie doch Urteil genug
haben, um zwischen persönlicher
Schuld und sozialen Zuständen oder
Möglichkeiten zu scheiden. Was
diese Milliardäre von der Mehrzahl
ihrer Mitmenschen scheidet, ist selten
ein größeres Maß ethischer Un-
zulänglichkeit. Es ist meistens die
größere Energie und Klugheit in
derselben Ausnutzung der Möglich-
keiten, die auch die anderen betrei-
ben. Am meisten zu schimpfen
pflegen die unterlegenen Konkur-
renten. Diese ganze Gesellschafts-
ordnung zugegeben, die Macht und
Genuß ins Geld legt und dem Geld-
erwerb und der Geldanhaufung nir-
gends Schranken setzt außer den
Schranken veralteter Vorurteile, so
sind die Milliardäre einfach die,
welch^ den neuen Adel formen. Der
alte wurde durch Dienstmannschaft
und Unterdrückung geschaffen, der
neue durch Berechnung der Kon-
junkturen und Ausbeutung. Zum
mindesten waren, was den alten Adel
ethisch erst wirklich adelte, zu großem
Teile gewisse Äugenden, die sich bil-
deten, nachdem das eigentliche Her-

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