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Kunstwart und Kulturwart — 27,3.1914

DOI Heft:
Heft 15 (1. Maiheft 1915)
DOI Artikel:
Niebergall, Friedrich: Die Reform des Religionsunterrichts, [2]
DOI Artikel:
Landsberg, Julius Ferdinand: Die elterliche Gewalt der Mutter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14289#0203

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sie muß ihn als einen religiösen Erzieher behandeln. Vielleicht kommt
dann die Zeit, da der Religionsnnterricht die von der Behörde ange-
ordnete planmäßige Veranstaltung ist, um den Kindern Freude an
der Religion zu machen, und da die Prüfungen und Revisionen in der
Religion Versuche sind, den Lehrer in seiner Freudigkeit zu dieser
Arbeit zu stärken. Friedrich Riebergall

Die elterliche Gewalt der Mutter

^^ft hört man aus Kreisen der Frauenbewegung Klagen über die Be-
F Inachteiligung der Mutter durch unser bürgerliches Recht. Die Klagen
^^sind zum großen Teil begründet. Mcht richtig freilich ist es, wenn
man dem Gesetze aus der Einführung der Beistandschaft einen Vorwurf
macht. Wenn nämlich der Vater durch Tod oder aus sonstigen Gründen
von der Gewalt über die Kinder ausgeschieden ist, kann die Mutter
einen Beistand zur Führung der elterlichen Gewalt erhalten, einen Helfer,
der als Mittelding zwischen Pfleger und Gegenvormund wirkt, rechtlich
als Gegenvormund zu betrachten ist. Der Beistand wird bestellt: auf
Anordnung des Vaters, auf Antrag der Mutter, oder „wenn das Vor-
mundschaftsgericht aus besonderen Gründen, insbesondere wegen des Um-
fanges oder der Schwierigkeit der Vermögensverwaltung, oder in den
Fällen der §8 (666, (667 (Mißbrauch, Vernachlässigung, Unsittlichkeit,
Untreue) die Bestellung im Interesse des Kindes für nötig erachtet". Der
Fehler dieser Bestimmung ist einzig der, daß nicht auch dem Vater
in gleicher Lage ein Beistand bestellt wird. An sich aber liegt keine Be«
nachteiligung der Frau in dieser Bestimmung, sondern nur eine Folgerung
aus Benachteiligungen, die unsern Frauen in sozialer und anderer tzin«
sicht ohnehin zuteil werden. Die Geschäftsungewandtheit der Frauen
ist im Durchschnitt verbreiteter als die der Männer. Deshalb ist auch
die Zahl der Mütter, die selbst einen Beistand beantragen, sobald sie
dies Recht kennen, keine allzu geringe. Ahnlich ist es mit der Bestim«
mung, daß die Mutter die elterliche Gewalt verliert, wenn sie — etwa
Witwe gewesen — eine neue Ehe eingeht. Daß das Gericht die Ver-
hältnisse genau prüfen muß, ist gewiß kein Nachteil. Denn, wenn alles
gut gefunden wird, kann ja die Mutter Vormünderin werden. Un-
richtig ist es nur, daß nicht auch der Vater, der eine neue Ehe ein--
geht, die elterliche Gewalt verliert. Denn gegenüber der Stiefmutter-
familie ist, wenn auch Vorurteilslosigkeit, so doch Vorsicht ebenso ge--
boten, wie gegenüber der Stiefvaterfamilie. Wenn da das Vormundschafts-
gericht von Amts wegen hineinsehen muß, wenn Waisenpflegerinnen
in das tzaus kommen, ist das gewiß kein Schaden; es würde manches
Unheil verhütet werden. Die Bestimmung endlich, daß während der Ehe
bei Meinungsverschiedenheiten über das Kind die Ansicht des Vaters
vorgeht, kann mein Billigkeitsgefühl deshalb nicht berühren, weil bei
einem Verhältnisse zu zweien immer eine Meinung den Vorrang haben
muß, solange man Dritten die Einmischung verwehren möchte. In der
Praxis sah ich bisher Mißhelligkeiten aus dieser Bestimmung nicht ent--
stehen.

Scharfe Anbilligkeiten gegen die Frau können jedoch dann entstehen,
wenn über Ehe oder Kindschaftsverhältnis zerstörende Stürme daher--
fahren. Ist die Ehe geschieden und die Frau für schuldig erklärt, so
 
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