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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

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Heft 23 (1. Septemberheft 1914)
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Vom Heute fürs Morgen
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Den Geistern der Ahnen: zu unsern Bildern
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0415

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Leben werde ich unbedingt auf--
opfern, wieviel mehr denn die
Güter. Wozn kann ich denn die
Güter gebrauchen, wenn ich nicht
leben kann? Aber ich kann unter
dieser Bedingung nicht leben!

Kein Friede, kein Vergleich, von
seiten des einzelnen zuvörderst. Das,
worüber gestritten wird, leidet keine
Teilung: die Freiheit ist oder ist
nicht. Kein Komrnen und Bleiben
in der Gewalt, vor allem diesem
steht ja der Tod, und wer sterben
kann, wer will denn den zwingen?
Auch nicht, falls etwa der zeitige
Herrscher sich unterwürfe und den
Frieden schlösse. Ich wenigstens
habe den Krieg erklärt und bei mir
beschlossen, nicht für 'seine An-
gelegenheit, sondern für die mei-
nige, meine Freiheit: gibt auch
er mir mein Wort zurück, so kann

Den Geistern der Ahnen

Zu unsern BiLdern

ofür zieht der deutsche Soldat ins Feld? Für den Wohlstand
und die Macht, die ihm die Nachbarn neiden? Auch dafür, aber
für Wohlstand und Macht schicken auch die englischen Krämer
gekaufte Söldnerscharen in den Krieg. Für den Kaiser? Auch dafür,
aber für ihren Kaiser ziehen auch die Russen in den Tod. Für Ruhm
und Ehre des Vaterlandes'? Weil sie nicht ertragen können, Schwächere
zu heißen, stürmen die Franzosen gegen uns an. Dem Deutschen, der zu
den Sehenden und Denkenden gehört, glänzt noch anderes Licht bis
ins tzerz. Er will nicht, daß die lichte Bahn, die unser Volk bis heut
durch die Weltgeschichte gezogen hat, verdämmert und erlischt. Noch fühlen
wir die deutschen Kräfte wachsend, werdefähig, schaffensfähig, jung. Und
in diesem unserm Heer, in diesem Volksheer, zu dem sich außer den Ge-
rufenen noch bald anderthalb Millionen junger Deutscher als Freiwillige
drängten, in diesem tzeer lebt der deutsche Geist. Wenn wir diesem
tzeft die Bilder deutscher Männer, die wir alle kennen und lieben, mit-
geben, so tun wir es, um wenigstens an ein paar Beispielen einprägsam
vor Augen zu führen, welcherlei Menschen unsre Führer sind. An einigen
wenigen Beispielen und nur solchen aus neuer Zeit — die deutsche
Welt ist so reich, daß wir diese Beispiele verdoppeln, verzehnfachen könnten,
und doch würden wir immer noch Bildnisse Führender zeigen. Es
braucht dessen nicht. Auch wer nur diese hier durchblättert, dem strömt
das Empfinden des ausstrahlenden Schatzes zu, den er als Deutscher der
Welt zu wahren hat.

Sinnlich-geistige deutsche Kultur in ihrer größten Vollkommenheit zeigt
uns Goethe. In ihm hat sich das noch strudelnde und brausende Ge-

ich selbst doch es mir nicht zurück-
geben. Er ist, und die, welche bei
ihm bleiben, auf diesen Fall als
Staat, als möglicher Entwick-
lungspunkt eines Reiches des Rech-
tes gestorben. Was soll den, der
frisches Leben in sich fühlt, be-
wegen, innerhalb der Verwesung
zu verharren?

Anstrengung aller Kräfte, Kampf
auf Leben und Tod, keinen Frieden
ohne vollständigen Sieg, das ist:
ohne vollkommene Sicherung gegen
alle Störung der Freiheit. Keine
Schonung, weder des Lebens noch
Eigentums, keine Rechnung auf
künftigen Frieden.

So muß der, der in dieser Er-
kenntnis lebt, und kann nicht anders.
Außerdem lügt er, und seine Weis-
heit schwebt ihm nur auf den Lippen.

Iohann Gottlieb Fichte

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