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Kunstwart und Kulturwart — 32,4.1919

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Heft 21 (1. Augustheft 1919)
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Menzer, Max: Vom Wesen und Wert einer volkstümlichen Philosophie
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Schumann, Wolfgang: Vom alten Österreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.14424#0127

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das irdische Lebcn als eine solche Form werten, an deren Vollendung tätigen
Anteil zu nehmen sie als Aufgabe und höchsten Genus; betrachten wird.

Max Menzer

(Wir behalten uns vor, auf die hier angeregte Frage einer Popularphilo-
sophie durch einen Aufsatz von andrer Seite bald zurückzukommen. K.-L.)

Vom alten Österreich

^*^b «s nun bald nur noch ,der Literatur angehören" wird, das Reich, das
^ ^Iahrhunderte hindurch mit Deutschland in engster Verbindung lebte und
des Deutschen Kaisers Eigenreich war? Iedenfalls hat es ein reiches unü
blühendes Schrifttum hervorgebracht, das ernstliche Teilnahme verdient, vor
allcm bei denen, die in der Geschichte nach Erkenntnis der Grundkräfte der Zu-
kunft suchen.

„Das große Bauernsterben, Der Roman eines Volkes" von I. A. Lux, führt
in das Stammland Oberösterreich, in die Zeit der Gegenreformation, als der
strenge Ferdinand mit Hilfe einer wüsten Soldateska die stärksten und rcinsten
Kräfte des Landes zu Unterwerfung oder Auswanderung zwang oder zum Tode
brachte. Es geschah Glaubens halber und endete mit dem Sieg des katholischcn
Herrschers. Gewichtige Stimmen haben bis auf den heutigen Tag geurteilt, daß
dieser Sieg zu teuer bezahlt worden sei: mit der Charaktcrstärke nnd Lcistungs-
fähigkcit des Landes, das damals innerlich zerbrochen wurde. Vieles davon zeigt
Lux anschaulich und klar. Wollte man rein künstlerisch urtcilen, so müßte man
sagen, daß er von Enrika von Handel-Mazetti, welche die nämlichen Lreignisse
unter katholischem Gesichtswinkel oft schildcrte, allzuviel abgcsehen hat; er wirkt
unzweifelhaft unecht, bis in die tcchnischen Linzelheiten hinein als Nachahmer,
und als solcher bcsonders unersreulich, weil er durchaus nicht die innere Gewalt
dcr bedeutenden Linzerin hat, sondern vielfach mit Rcflcxioncn moderner Art
den Ablauf seines Buches durchsetzt. Stofflich betrachtet bleibt sein Buch aber
immerhin lesenswert. — Aus drei Romanen setzt sich Adam Müller-
Guttenbrunns Werk „Von Eugenius bis Ioscphus" zusammen. Es macht
diese Vücher schr sympathisch, daß ihr Verfasser ganz offen auf künstlerisch-dich-
terische Prägung und Gestaltung verzichtet. Er will Geschichte schreiben in Roman-
form. Das (8. Iahrhundert ist für ihn „das deutsche Iahrhundert" österreichs.
Und in der Tat weist er eine Fülle von politischen Maßnahmen auf, vor allcm
siedelungs- und vcrwaltungspolitische, die offenkundig das dcutsche Wesen stärken
sollten. Etwas wie ein weltpolitisch großer, später zerbrochener Plan taucht aus
der versunkenen Zeit auf. In die breitcre Darstellung der Gesamtgeschichte flicht
Müller-Guttenbrunn dic Sondergcschichte seiner ungarisch-schwäbischen Heimat,
des Banats, ein. All dies ist überaus lesenswert, da Müller-Guttenbrunn den
weiten Blick hat, der den ganzen Osten umspannt, und eben dadurch den
Leser tiefer in dcssen, uns Westlern oft so fern-fremdes Wesen hineinführt, als
manche cinseitigere Schrift. Der erste Band hat noch ein engeres Gesichtsfeld.
Er behandelt den „großen Schwabenzug", die Besiedelung des Banats, die Welt-
politik tritt etwas zurück. Der zweite, „Barmherziger Kaiser!", umfaßt Maria
Theresias Herrschzeit und die Anfänge Iosephs. Die unsäglich verwickclten Vcr-
hältnisse der Donaulande werden hier geschickt und scharfsinnig dargestellt. Der
dritte Band heißt „Ioseph der Deutsche". Soviel wir wissen, ist das die erstc
Darstellung der gewaltigen Lebensleistung des Reformkaisers. Müller-Gutten-
brunn bringt eine eindringliche Kenntnis der Pläne, der Maßnahmcn, der
Erfolge und Mißerfolge des seltsam rastlosen und großzügigen Mannes mit.
Wie wenig wissen wir von ihm! Obwohl er gar nicht unkritisch verherrlicht wird,
tritt er uns aus diesem Buch nahe, und mit seiner ruhigen Sachlichkeit be°
hcrrscht der Verfasser diesmal vollkommen die großen europäischen Zusammcn-
hänge und den Gang der Erreignisse, die enger mit den heutigcn verkirüpst sind,
als viele von uns glauben. Trotz starkcr Bctonung seiner deutschen Gesinnung
hält er sich übrigens so von Tendcnzmalerei wie von Lehrhaftigkeit frei; ncbcn

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