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Kunstwart und Kulturwart — 32,4.1919

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Heft 21 (1. Augustheft 1919)
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Schumann, Wolfgang: Vom alten Österreich
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Lange, Konrad von: Die Illusion im Theater, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14424#0129

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zu erhöhter Geltuug. Ähnliches gilt von Rob. Hohlbaums Roman „Das
Vorspiel", worin verhältnismäßig recht breit allerlei ganz persönliche Erlebnisse
einzelner Gestalten geschildert sind; diese Schilderung ist romanmäßig im Durch-
schnittsinn, saubcr, durchsichtig, wirksam, ohne Effektmacherei; das geschichtlich-
politische Thema ist: die Zerrissenheit der Deutsch-österreicher, vor allem der
Studenten, vor D66. Es kommt nicht so recht zur Entfaltung, wenn auch die
untcrschiedlichen politischen Reden und Gespräche der Studenten und andrer
Romangestalten es recht mannigfach variieren. Man muß schon einiges von
Großdeutsch und Klcindeutsch, von Hofjnungen und Befürchtungen der deutschen
Stämme anno s865 wissen, um dicsen Reden und Gesprächen ganz zu folgen.
Und den w e l t gcschichtlichen Hintcrgrund muß man überhaupt aus Eignrm
mitbringen.

Emil Ertls jüngster Roman, „Der Antlaßstein", ein breites und ge-
wichtiges Buch aus dem Ssterreich des Weltkriegs, möge die Reihe beschlieszen.
Es ist nicht von geschichtschreibcrischer Absicht mitbestimmt; der Weltkricg bildet
lediglich dic jedem Leser bekannte Voraussetzung für den Ablauf einer Neihe
von Lcbens- und Liebesschicksalcn, die Ertl sorgsam und bedächtig darstellt und
bis in ihre letzten inneren Bcweggründe und Folgen bloßlegt. Die inncrste Ab-
sicht des Buches abcr scheint nicht einmal eine nur erzählerische zu sein, sondern
sozusagen eine philosophische. Das Thema der ausgedehnten Gespräche in diescm
Roman ist immer wieder: Sinn des Krieges, Sinn und Wert und Wesen dcr
Liebe, zuletzt: Sinn des Lebens überhaupt. Wäre es der Menschheit „vrrgönnt,
gcreinigt nnd geläutert aus diesem ungcheuren Erlebnis des Weltkrieges hervor-
zugehen! O könnte sie dereinst, rückblickend auf für immer versunkcne Ieiten
unendlicher Schuld und unsäglichcr Lciden, die Arme zum Himmel erheben und
erlösten tzerzens beten: Herr, ich danke dir!" „Erst dann wäre diese schwere
und furchtbare Zcit, in der zu lcben uns beschieden ist, auch eine große Zeit
gewesen!" Aus Erlebnissen gewonnen und durch bedeutende, weit ausgreifende
Reflexionen befestigt, lautet so der Schluß des gedankenreichen Buches. Es
dürfte W6 geschrieben sein, als in Deutschland noch wenig Besinnung herrschte,
mehr Rausch einerseits, mehr fesselloser Widerspruch andcrseits. Der öster-
reichischen Äberlieferung entspricht die mildere, unbestochene, auch im Philo-
sophischen den Mittelweg und die Lebenswerte suchende Stimmung.

__ W. Schu m ann

Lux, Das große Bauernsterben (Grethlein, Leipzig), geb. 6 M. — Müller-
Guttenbrunn, Von Eugenius bis Iosephus, 5 Bde. (Staackmann, Leipzig),
(9 M. — Richter, Die Lipeldauer-Briefe, 2 Bde. (G. Müller, München),
48 M. — Decsey, Die Stadt am Strom (Schuster 8: Löffler, Berlin), 7M.
— Rosner, Der deutsche Traum (Cotta, Stuttgart), 5,50 M. —Hohlbaum,
Das Vorspiel (Staackmann), 6 M. — Ertl, Der Antlaßstein (Staackmann),
8 M.

Die Zllusion im Theater

ästhetischc Illusionstheorie, die ich vor (7 Iahren, nicht ohne gewichtige
^Dorgänger, als crster wissenschaftlich begründet habe, ist damals in ber
Presse mit voller Zustimmung begrüßt worden.* Dann aber wurde sie
plötzlich, wie auf Kommando, von der wissenschaftlichen Kritik, besonders den
Psychologen und Kunsthistorikcrn, abgclehnt. Neuerdings scheint sich das Blätt-

* Konrad Lange, Das Wesen der Kunst, Grundzüge einer realistischen Kunst-
lehre, Berlin, G. Grotesche Verlagsbuchhandlung, (IOs, in 2 Bänden. 2. Auflage
in eincm Bande unter dem Nebentitel: Grundzüge einer ill u si o ni sti schen
Kunstlehre, (907. Die Anderung des Nebentitels ist durch das hartnäckige Miß-
verstehen mciner Theorie in gewissen Kreisen veranlaßt worden. Sachlich ist
mein Standpunkt in der zweiten Auflage dersclbe geblieben. Nur habe ich
vieles schärfer gefaßt, auch manche neue Erkenntnis, die mir inzwischcn auf-
gegangcn war, in die Darstellung verarbeitet. K.-L.

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